Seite:Eine Nordpolfahrt.pdf/20

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Durch mußte das Schiff allerdings – vorausgesetzt nämlich, daß es nicht stecken blieb und gleich von vornherein zerdrückt oder zermalmt wurde, denn die kleinste Erschütterung konnte ja einen solchen Eiskoloß zum Sturze bringen und damit den Dampfer vernichten.

Richard entwarf schnell einen Rettungsplan, und zwar folgenden: Die Passagiere sollten sich über die Eisdecke an Land begeben und den Weg über die nur zwei Meilen breite Insel zu Fuß zurücklegen. Drüben auf der anderen Seite war dann das Meer frei, und kam der Dampfer glücklich durch diese enge Gasse, so war alles gut. Falls aber der Dampfer stecken blieb, sollte die Mannschaft schnell noch, so viel als möglich, Proviant und so weiter an Land bringen, und zertrümmerte er schon vorher, nun, dann waren die Passagiere dem Tode auch nicht verfallen. Es war ja jetzt Sommer, und die Inseln wurden von Eskimos bewohnt, diese würden schon für ihren Unterhalt sorgen und sie bei Zeiten in ihren Kajas nach dem Festlande bringen. Doch das war ja die Annahme des schlimmsten Falles.

Der Kapitän eines Passagierdampfers ist für die Sicherheit seiner Passagiere mehr verantwortlich als für das Schiff. Deshalb wollte Richard an dem Marsche über Land teilnehmen, auch sollten die Gesellschaft sechs mit Proviant beladene Matrosen begleiten.

Klappernd vor Kälte, weil sie den warmen Salon in ihrer alltäglichen Kleidung verlassen hatten, standen die Künstler da und blickten nach dem wüsten, von Schnee und Eis bedeckten Lande, das völlig vergletschert und zerrissen[WS 1] war, und auf dem Eisgeschiebe mächtige Berge bildeten.

Ach, die Aermsten! Zwei deutsche Meilen zu Fuß zu laufen, ist für einen des Gehens ungewohnten Menschen eine ganz ansehnliche Leistung, und sie konnten sich ungefähr denken, was es bedeuten würde, in dieser pfadlosen Eiswildnis zwei Meilen zurückzulegen. Mit dem gewöhnlichen Marschtempo war es nichts. Sie hatten ja auch schon Beschreibungen von

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: zerissen
Empfohlene Zitierweise:
Robert Kraft: Eine Nordpolfahrt. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_Nordpolfahrt.pdf/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)