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Polarforschern gelesen, und einigen war daher bekannt, daß man in diesen Regionen bei einem Marsche auf die deutsche Meile vier bis fünf Stunden rechnet, und noch dazu unter welchen ungeheuerlichen Strapazen!

Mitleidig blickte Richard auf sie. Aber er konnte ihnen nicht anders helfen.

Der Heldentenor erfaßte die Sachlage zuerst. Er griff mit der zitternden Hand an die Gurgel und stieß einige unartikulierte Laute aus.

„Und deswegen jagen Sie uns erst aus der Kajüte,“ fragte er, „um uns hier lange Rede zu halten? Ich hole mir ja einen Katarrh, der mich zeit meines Lebens zum Brüllaffen macht. Na, denn man los, Männecken, lassen Sie mal unsere Stiebeln schmieren. Komm, Anton, wir spielen einstweilen unsere Partie zu Ende.“

Anton ging, und der Komiker schloß sich ihm an. Richard blickte ihnen nicht mehr mitleidig, sondern fassungslos nach. Jetzt aber machte sich auch bei den anderen der Eindruck seines Vorschlages in Worten Luft.

„Dort über das Land sollen wir laufen? – Zwei Meilen weit? – Ach, wie reizend! – Herr Kapitän, giebt’s dort auch Eisbären zu schießen? – Sind auch wirklich Eskimos darauf? – Können wir da nicht einmal übernachten? – Machen wir auch ein Picknick? – Mein bester, liebster Kapitän, ein Picknick!“

So scholl es wirr durcheinander. Der Kapitän war vollkommen geschlagen.

Die Vorbereitungen wurden schnell getroffen, und bald standen die sechs Matrosen mit dem auf Schlitten verpackten Proviant, die Gewehre über der Schulter, auf dem Eise zum Abmarsch bereit. Die Künstler aber hüllten sich in ihre Pelzkostüme, und auch die unverbesserlichen Spielratten wurden dazu getrieben.

„Wir stehen drei zu fünf,“ sagte der Heldentenor, als er das Spiel beendet hatte und aufstand.

Empfohlene Zitierweise:
Robert Kraft: Eine Nordpolfahrt. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_Nordpolfahrt.pdf/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)