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Anton Oskar Klaußmann: Eine Null zu wenig (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 7)

„Drei Milligramm, Herr Professor.“

„Sehr richtig, also 0,003 Gramm! Und nun sehen Sie einmal gefälligst nach, was Sie da geschrieben haben!“ Dabei überreichte er mir das Rezept, das ich in der Apotheke abgegeben.

Ich warf einen Blick darauf und erbleichte: mit unerbittlicher Deutlichkeit stand dort die Zahl 0,03. Als ich aufblickte, sah ich den Blick des Professors streng und vorwurfsvoll auf mich gerichtete und Fräulein Hannchen schluchzte laut.

„Sie haben dem armen Tier die zehnfache Dosis gegeben und es umgebracht, Sie Mörder!“ sagte der Professor unerbittlich, und wie ein hundertstimmiges Echo, dem ein dumpf hallender Donner folgte, klang es zurück: Mörder, Mörder!

Aber der Donner wurde stärker und verschlang endlich das entsetzliche Wort. Ich erwachte und hörte, daß man an meiner Tür pochte. „Wer ist da?“ fragte ich.

„Ich, Franz,“ tönte es hinter der Tur, „der Kutscher vom Herrn Kommerzienrat Lorenz ist da. Das eine Kutschpferd hat die Kolik, und der Herr Doktor möchten doch rasch hinkommen.“

Ich sah mich um; es war heller Tag. „Der Kutscher soll warten, ich komme sofort mit!“ Schnell sprang ich aus dem Bett, wusch mich und kleidete mich an. Dabei fiel mir der Traum ein und die falsche Dosierung der Strychnininjektion. Bei dem klaren Gedanken an die Möglichkeit dieses Versehens überlief es mich kalt. Wenn ich dem Hund die zehnfache Dosis gegeben hatte! Ich suchte und fand schließlich in meiner Rocktasche das Fläschchen, das die Lösung enthalten. Da stand es deutlich auf der Beklebung: „0,03!“

Das Fläschchen zitterte in meiner Hand. Zehnmal,

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Anton Oskar Klaußmann: Eine Null zu wenig (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 7). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1916, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_Null_zu_wenig.pdf/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)