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Anton Oskar Klaußmann: Eine Null zu wenig (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 7)

Eine Null zu wenig
Aus den Erinnerungen eines Tierarztes
Von A. Oskar Klaußmann


Es war an einem warmen Augusttage, als ich meine Bücher fortpackte, weil ich ihrer nicht mehr bedurfte. Vorläufig sollte mir wenigstens niemand zumuten, ein Buch in die Hand zu nehmen, das mit meinem Beruf zusammenhing. Ich hatte mein Staatsexamen als Tierarzt bestanden und den philosophischen Doktor erworben; man hatte mich sozusagen auf das gesamte Tierreich „losgelassen“. Am ersten Oktober sollte ich eine Stellung als Assistent am Schlachthof antreten. Da ich wegen eines etwas kurzen linken Beines militärfrei war, konnte ich daran denken, den September noch zu gründlicher Erholung zu verwenden. Allein es kam anders! Eines Morgens, als ich nichts Böses ahnend im Bette lag, überfiel mich ein alter Herr meiner Verbindung, Tierarzt wie ich, nur mit einer langjährigen, weitverzweigten und wertvollen Praxis. Er erklärte mir, daß er von meinen Bummelgelüsten gehört habe und gekommen sei, sie mir auszutreiben. Solch ein Leben ohne Arbeit sei schädlich und würdelos, und er fühle sich für einen jungen Kollegen verantwortlich.

Ich muß gestehen, daß schon seine Einleitung mir unbehaglich war. Dann kam er schnell zur Sache. Er wäre als Stabsveterinär für die Zeit des Krieges eingezogen, und ich müsse seine Praxis übernehmen. Ich solle bei ihm wohnen, bekäme dreihundert Mark bei freier Station und könne außerdem seinen Weinkeller leertrinken. Seine Zigarren und sein Diener stünden zu meiner Verfügung, und ich hätte Gelegenheit,

Empfohlene Zitierweise:
Anton Oskar Klaußmann: Eine Null zu wenig (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 7). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1916, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_Null_zu_wenig.pdf/2&oldid=- (Version vom 31.7.2018)