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das wollte schon etwas heißen bei Mutter Pieseckes Kriegszustand mit der Rechtschreibung, nicht mehr erschienen und würde auch nie mehr erscheinen, wie sie in der ganzen Stadt erzählt hatte, – sie war für die Stadt von jeher die wandelnde Skandalchronik gewesen, ohne böse Absicht, nur so aus Geschwätzigkeit.

Anton Morwitz schlich nun mit seinen Filzschuhen lautlos auf das mit Bronzebeschlägen reich verzierte Wäscheschränkchen mit den drei Schiebladen zu. Es war wohl das älteste Stück des Mobilars im Hause und litt bereits an Alterserscheinungen. Er holte den Schlüssel hervor und schloß die oberste Schieblade auf, packte dann den Bronzeklappgriff und riß mit aller Kraft daran, die Schieblade klemmte nämlich und war so niederträchtig, daß sie manchmal spielend leicht aufging, dann wieder gar nicht, – meist gar nicht! Heute hatte sie zufällig ihren vernünftigen Tag, und … Morwitz flog zurück und wäre beinahe hintenübergefallen, aber im allerletzten Moment besann sie sich doch noch auf ihre niederträchtigen Neigungen und quietschte und blieb stecken, sonst hätte der Alte, der erst Fünfzig war, sie vollends herausgezogen und all den Kram über die Dielen zerstreut.

Anton versetzte ihr also mit dem Bäuchlein einen Stoß und trieb sie wieder an ihren Platz zurück … „Ärgerst mich auch immer nur!“ murmelte

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K. Walther: Eine alte Kommode. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1935, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Eine_alte_Kommode.pdf/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)