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Adolphe D'Ennery, Gustave Lemoine: Herzmutterchen!

Alle (halten ihm den Mund zu).

Isidor (zu Emil). Dies ist ein Stück von meiner Erfindung.

Arthur (zu Louise). Louise, wir werden vereint und glücklich sein!

Therese. Was, das Geld hast Du dem Vater gebracht – die Summe war ja nicht voll – es müssen ja über 6000 Francs sein.

Isidor. Halt! Ruhe! Dieses bedarf einer Erklärung. Du sagtest vorher, ich sei nichts werth – ich bin doch 2000 Francs werth.

Alle. 2000 Francs?! –

Isidor. Das Angeld, das mir Herr Pleyel in 14 Tagen in harten Thalern zahlt – und ich lege es zu Deinen 4500 Francs.

Emil (ihm die Hand reichend). Das willst Du thun? Siehst Du, das ist brav! –

Therese (geht und sieht das Zettelchen im Secretair an). Es waren ja aber –

Isidor. Es waren 4500 Francs sag’ ich.

Emil (leise). Sei doch stille. (Therese sieht ihn an, er ist verlegen.)

Therese (bei Seite). Jetzt wird mir’s klar. Oh Emil!

Isidor. Und jetzt heidi nach Algier. – Von nun an heisst es tugendhaft gelebt – und unserem Thereschen Ehre gemacht. In Paris habe ich nur noch ein Geschäft – aber das ist von Wichtigkeit. Rabourdin muss seine richtige Tracht Schläge haben, dann ist das Princip der Tugend gerettet; und dann nach Algier zu den Arabern, Kabylen, Marabouts und Beduinen!

Therese. Was, Du willst fortgehen?

Isidor. Nach Algier, versteht sich, erst nach der Hochzeit. Ich werde andere Seiten dort aufziehen, und, wenn das Glück gut geht, vielleicht Abd-el-Kader selbst bei den Ohren fassen. – Oh Stimmgabel, Deine Macht ist gross! – (Zu Theresen) Du bist doch nicht mehr böse, dass ich mich in Deine Spaarkasse gemischt. – Was thut es – es bleibt je doch in der Familie, wir waren zu zweien und werden auch zu zweien darin bleiben.

Therese. Du irrst, Bruder. (Reicht Emil lächelnd die Hand.) Wir waren drei und werden auch drei bleiben. –

Isidor (versteht jetzt Alles). Aha!

(Aus dem Freischütz.)

Eins ist eins, und zwei sind zwei,
Doch nun sind wir unser drei,
Die die Kasse führen. –
So ein Schwesterchen, wie Du
Und zwei Schwäger noch dazu
Da kann man sich gratuliren.

(Der Vorhang fällt.)



Anhang.

Une mêre de famille, Comedie Vaudeville en un acte, par Dennery et Lemoine, das Original der vorliegenden Uebertragung, wurde am 21. Januar 1846 auf dem Théâtre du Gymnase dramatique zum ersten Male gegeben. Die Hauptrolle der Therese wurde von der sich rasch zu einer Künstlerin ersten Ranges entwickelnden Dlle. Rose Cheri gespielt, die einige Monate später als Clarisse Harlowe so grosse Triumphe feierte. Neben ihr spielte Achard den Isidor mit vielem Glück und jener übersprudelnden Laune, die zur Darstellung eines Pariser Gamin dieser Art unerlässlich ist. Leider musste der Character in der Uebertragung Manches verlieren, was eben nur in Paris bekannt, geltend und auf heimischem Boden ist. Die ganze Anlage des eben so anspruchslosen als gefälligen Stückes ist, obgleich mit französischer Bühnengeschicklichkeit gearbeitet, doch auf ein deutsches Element, das der Sentimentalität gebaut, eine Richtung, die sich in neuerer Zeit häufig in den Arbeiten französischer Theaterdichter erkennen lässt, wie z. B. George und Therese. Mit seinen einfachen scenischen Erfordernissen und leicht zu lösenden Aufgaben wird es eine willkommene Erscheinung für Liebhaber-Theater sein. Eine andere Uebertragung von Heine in Dresden ist mit Glück auf mehreren Theatern gegeben worden und beweist die Wirksamkeit des Gegenstandes, an den man freilich nicht den Maassstab streng ästhetischer Anforderungen legen darf. Was in den engen Raum eines Actes zusammenzudrängen ist, ohne die Entwickelung der Charactere und die Wahrscheinlichkeit der Situationen zu beeinträchtigen, ist von den beiden Verfassern wohl geschehen und hat sich der deutsche Bearbeiter dessenungeachtet einige Kürzungen erlaubt, so ist es gewiss zum Vortheil des Ganzen geschehen.


Costüm.

Hinsichtlich des Costüms ist für Therese und Louise zu bemerken, dass einfache hellfarbige, gestreifte oder geblümte Kattunkleider, hochheraufgehender, die Häuslichkeit andeutender Schnitt, für Therese vielleicht ein Häubchen und Schürze zweckmässig erscheinen. Beim Ausgehen hat Therese ein einfaches dunkles Umschlagetuch und eben solchen Hut. Louise erscheint anfangs im Reisekleide von dunkelfarbiger Wolle. Ob Therese, um die in Paris für das Haus übliche Sitte anzudeuten, nicht ein nett gebundenes, seidenes Kopftuch wählt, ist der Darstellerin überlassen. Arthur erscheint in gewöhnlicher moderner Tracht. Bei Isidor dürfte die Persönlichkeit und das Lebensalter des Darstellers auf die Wahl des Costüms einwirken. – Schuhe, sogenannte englische, hoch über das Spann heraufgehend, weisse Strümpfe, lose bunte Halsbinde, ein hellfarbiger Ueberrock von burschikosem Schnitt u. s. w. würde dem Bilde zunächst entsprechen. Emil anfangs in einem hellfarbigen Arbeitshemde (Blouse), später im Ueberrock.



Druck und Verlag von A. W. HAYN in Berlin.                   Preis 5 Sgr.


Empfohlene Zitierweise:
Adolphe D'Ennery, Gustave Lemoine: Herzmutterchen!. Druck und Verlag von A.W. Hayn, Berlin 1847, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ennery_Lemoine_Herzmutterchen_1847.pdf/11&oldid=- (Version vom 30.5.2023)