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Adolphe D'Ennery, Gustave Lemoine: Herzmutterchen!

(Er steht auf und umarmt und küsst sie mehrmals).

Emil (lachend, b. S.). Er hat’s wirklich zu Stande gebracht. –

Therese. Du bist ein Narr – aber kannst Du denn kein Ende finden. (Arthur tritt ein.) Schäme Dich, da ist ja Herr Arthur!


SCENE VIII.

Vorige. Arthur.

Isidor. Mein Advokat, mein Vertheidiger! Diesmal zu spät – ich habe meinen Prozess selbst durchgefochten und gewonnen. Guten Tag, mein lieber Herr Arthur!

Arthur. Guten Morgen, lieber Isidor!

Emil (ärgerlich, b. S.). Der hätte eben so gut wegbleiben können.

Arthur (Therese ein Bouquet reichend). Erlauben Sie mir, Mademoiselle, meine innigen Wünsche mit denen Ihrer Lieben zu vereinen.

Emil (b. S.). Fängt der wieder seine Redensarten an! –

Therese (entzückt). Welch ausgezeichnet schöner Strauss! (Bewundert die Blumen.)

Emil (b. S.). Meiner war viel besser – dicker, grösser, voller!

Arthur. Ist es nicht anmassend von mir, mich in diesen festlichen Kreis zu drängen? –

Isidor. Anmassend! Ei behüte – Alle sind erfreut, Sie hier zu begrüssen.

Emil (b. S., launig). Alle nun eben nicht. – (Geht in den Hintergrund.)

Therese. Ein wahres Freudenfest, denn ich habe meine Schwester wieder gesehen.

Arthur. Ihre Schwester?

Therese. Eine Schwester, die mein ganzer Stolz ist. –

Isidor. Eine Schwester, die die Ehre hat, mich Bruder zu nennen.

Therese. Ich werde mir das Vergnügen machen, sie Ihnen gleich vorzustellen.

Isidor. Hole sie nur schnell. (Kaum ist Therese in Louisens Zimmer, so geht Isidor eilig auf Arthur zu, leise.) Nun, wie steht es mit dem Gelde?

Arthur (leise). Ich konnte es nicht einziehen.

Isidor. Alle Wetter! – Und warum nicht?

Arthur. Sie sind betrogen worden, der Wechsel war falsch.

Isidor. Falsch! Oh Rabourdin! Na warte! –

Arthur (nimmt ein Papier aus der Tasche). Da ist er. –

Isidor (nimmt es und verbirgt es, da Therese kommt). Kein Wort! – Therese darf nichts davon wissen.


SCENE IX.

Vorige. Therese führt Louise herein.

Therese (führt Louise vor). Hier liebe Louise, stelle ich Dir den Herrn Arthur, den grossmüthigen Beschützer unseres Bruders vor.

Arthur (erkennt Louise). Was sehe ich!

Louise (erkennt Arthur). Himmel, er ist’s!

Isidor (stellt sich zwischen Arthur und Louise). Was heisst das!

Emil (kommt vor). Was giebt’s denn?

Therese (erstaunt). Kennen Sie meine Schwester?

Arthur (nimmt sich zusammen). In einem Schloss bei Orleans hatte ich die Ehre, Mademoiselle kennen zu lernen, mit ihr zu musiciren. Ich hielt mich dort einige Zeit mit meinem Vater auf. –

Isidor (vergnügt). Sieh, sieh, sieh nur Einer, was man doch Alles erlebt! (Zu Louise) Du kennst also meinen braven Vertheidiger und seinen würdigen, alten Vater. – Das ist noch ein Ehrenmann, Präsident und gar nicht stolz, von einer Sorte, wie sie noch nicht da gewesen; er wohnt dicht bei der Werkstatt, ist unser Nachbar und was für ein Musikfreund. – Stundenlang haben wir von Ihnen gesprochen, als ich bei ihm war und Ihr Piano reparirte, – nebenbei bemerkt, ein schaudervoller Klapperkasten mit sieben wackligen Beinen, den man halten muss, wenn einer darauf spielt, (bedeutungsvoll) wir haben Mozart, Haydn, Beethoven beurtheilt, und eines Tages sagte ich ihm „Werther Herr, wenn man Herrn Pleyels Nachbar ist, geziemt es sich nicht, ein solches altes Hackebrett zu bewahren, das ist zu gross für die Küche und wo anders gehört das nicht hin.“ Das hab’ ich ihm gesagt und er hat sich ausserordentlich darüber gefreut.

Therese (winkt Isidor zu schweigen. Isidor geht zu Benjamin, der aus seinem Zimmer kommt). Weshalb haben Sie wir aber nie gesagt, dass Sie ein Bekannter meiner Schwester seien.

Arthur. Ich ahnte nicht, dass es Ihre Schwester sei – der Name, den sie dort führte – war nicht der Ihre –

Therese (lebhaft und verlegen). In der That – der unserer Mutter!

Emil (b. S.). Weil es so nah bei Orleans war.

Isidor (hat Arthurs Papiere geöffnet, liest, b. S.). „Kann ich fern von Ihnen leben? – Fern von dem, dessen Gattin ich werden soll?“ Zum Teufel was hat mir denn der in die Hände gesteckt. (Geht zu Arthur.)

Benjamin (der zum Fenster herausgesehen). Schwesterchen, holen wir uns heut nicht den Gustav aus der Pension?

Therese. Ja wohl – und dann gehen wir in den botanischen Garten. Emil, können wir auf Ihre Begleitung zählen?

Emil (naht ihr). Mit Freuden, Mamsellchen! (Benjamin springt vor Freude, und Emil dankt Theresen.)

Isidor (leise zu Arthur). Hören Sie, Werther, das ist kein Geld, sondern ein Liebesbrief.

Arthur. Himmel (b. S.) Louisens Brief!

Isidor (lachend). Hm hm, verstehe, von irgend einem heimlichen Schätzchen!

Arthur (verlegen). Wie können Sie das nur glauben!

Isidor. War das dumm von mir! Es ist ja von Heirathen die Rede, also völlig legitim!

Arthur (verwirrt). Allerdings – Sie begreifen –

Isidor. Dass das Keiner zu wissen braucht. Beruhigen Sie sich, ich habe den Namen nicht einmal gelesen.

Arthur (steckt den Brief ein, b. S.). Desto besser! (Dies Gespräch ist Theresen aufgefallen.)

Therese (zu Emil und Benjamin). Nun Kinder, müsst Ihr Euch anziehen. Ich wage es nicht, Sie auch einzuladen, Herr Arthur –

Arthur. Es wäre mir das grösseste Vergnügen, doch ein wichtiges Geschäft hält mich zurück.

Louise (b. S.). Und ich habe ihn nichts sagen können, kein Wort!

Therese. Wir hoffen aber recht bald die Ehre Ihres Besuchs zu haben. –

Emil (b. S.). Ist auch nichts daran gelegen, wenn er nicht kommt. (Laut zu Benjamin) Komm, wir wollen uns ankleiden.

Empfohlene Zitierweise:
Adolphe D'Ennery, Gustave Lemoine: Herzmutterchen!. Druck und Verlag von A.W. Hayn, Berlin 1847, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ennery_Lemoine_Herzmutterchen_1847.pdf/6&oldid=- (Version vom 8.6.2023)