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immer seltener werden „bei uns zu Lande auf dem Lande.“ Aus dem Hause trat ein alter, untersetzter Mann in blauem, bis an die Fersen reichendem Rocke, der, bei jedem Schritte auseinander flatternd, die schwarze Kniehose und die hohen, glänzend gewichsten Stiefel sehen ließ. Auf dem Kopfe trug der Alte einen niedrigen Hut mit aufgerollter Krempe, an der Weste Silberknöpfe; kurz: es kleidete sich keiner im ganzen Dorfe am Kirchweihfeste so stattlich, wie er am Werkeltag. Dafür war er aber auch Balthasar der Große, Balthasar Schießl, der reiche, gescheite: ein Mann, der’s mit jedem „Herrn“ aufnimmt, eine Handschrift schreibt, die manche Leute sogar lesen können, bei Gott! nebstbei zwölf Melkerinnen im Stalle hat und jahraus, jahrein seine vier paar Ochsen einspannen lassen kann. Ein Mann, der einmal, als er nach der Stadt fuhr, um dort Steuern zu zahlen, im Gasthofe zum Adler auf einem Sitz zweihundert Gulden verloren, baar auf den Tisch ausbezahlt, von dem Tage an aber nie mehr eine Karte angerührt hat.

Balthasar eilte in raschen Schritten auf Paul zu und reichte ihm die Hand: „Das ist ja schön, daß Sie einmal wieder zu uns kommen,“ rief er. Sofort entspann sich ein Gespräch, und sie wanderten zusammen weiter. Paul fragte nach Dem und Jenem und erhielt auf die Frage: „Wie geht es ihm?“ regelmäßig die Antwort: „Gut.“ Nachträglich kam dann: „Dem Ersten haben die Schuldner das Haus über dem Kopf verkauft, der Zweite, ja, der hat sich versoffen, zieht als Vagabund

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Marie von Ebner-Eschenbach: Nach dem Tode. In: Erzählungen. Berlin: Gebrüder Paetel, 1893, Seite 378. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erz%C3%A4hlungen_von_Marie_von_Ebner-Eschenbach.djvu/384&oldid=- (Version vom 31.7.2018)