Seite:Ferdinand Wilhelm Weber - Kurzgefaßte Einleitung in die heiligen Schriften (11. Auflage).pdf/414

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Sinn des Wortes aber gemäß sind die katholischen Briefe die encyklischen.


§ 93.
1. Der Brief des Jakobus.

 1. Der Verfasser des Briefes bezeichnet sich selbst als „Jakobus, ein Knecht Gottes und des HErrn JEsu Christi“. Daß er sich nicht Apostel nennt, würde nicht hindern, ihn in der Reihe derselben zu suchen. Aber welcher von den drei den Namen Jakobus tragenden apostolischen Männern soll er gewesen sein? Von den beiden dem engeren Kreis der Zwölfe angehörenden Aposteln, Jakobus der Ältere, des Johannes Bruder († um 44), und Jakobus minor oder der Jüngere (Mark. 15, 40), tritt nach Pfingsten nur der erstere bedeutsamer hervor durch sein Martyrium, während uns von Jakobus Alphäi Sohn gar nichts bekannt ist. Dagegen tritt schon sehr früh als angesehene, einflußreiche Persönlichkeit in der apostolischen Geschichte uns entgegen Jakobus „der Bruder des HErrn“ (Gal. 1, 19) mit dem Beinamen „der Gerechte“, und in Jerusalem mit dem Ansehen bischöflicher Stellung bekleidet (Apg. 15 u. 21 vgl. mit 12, 17. Gal. 2, 9). Was wir von seinem Verhältnis zu den Christen und den Juden lesen (Apg. 15, 13 ff. und 21, 18 ff.), sowie aus althistorischen Zeugnissen (Jos. antt. 20, 9, 1. Eusebius h. e. II, 1; II, 23) von seinem frommen Wandel und heiligen Eifer um Gerechtigkeit des Lebens wissen, findet in dem Inhalt des Briefes seinen treuesten Abdruck. Ihn allein befähigte seine hochangesehene Stellung (Gal. 2, 9; 2, 12; Akt. 21, 18), an das heilige Volk in der Zerstreuung zu schreiben. Er allein war durch die schlichte Bezeichnung „Knecht Gottes“ genügend gekennzeichnet. Ihn nennt daher auch das Altertum und halten die Forscher aller Zeiten beinahe einstimmig für den Verfasser. – Von mancher Seite wird behauptet (so auch in der 10. Auflage dieses Buches), daß dieser Jakobus, der Bruder des HErrn, mit dem Beinamen „der Gerechte“, mit dem jüngeren Apostel Jakobus identisch sei. Gegen die Identität beider spricht Ev. Joh. 7, 5, wonach die Brüder JEsu zur Zeit, wo die 12 Apostel erwählt waren, noch gar nicht an JEsum glaubten, sowie Apg. 1, 13 f. und 1 Kor. 9, 5 u. 7, wo die Brüder JEsu von den Aposteln unterschieden werden.