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von anderen weltlichen; denn es führten auch solche diesen Titel, wie man aus 2 Sam. 8, 18 sieht. Daß sich dies so verhält, sieht man eben aus Ezechiel. Nachdem er „den Leviten“ den Priesterstand untersagt hat, kann er nicht fortfahren c. 44, 15: Und die Priester, die Leviten, Söhne Zadoks etc., sondern es muß übersetzt werden: Und die levitischen Priester, Söhne Z.s etc. Die Stelle aus Ezechiel sieht freilich aus wie eine Degradation der andern Leviten gegenüber den allein berechtigten Söhnen Z.s; nur sieht man dann nicht ein, wie der Priesterkodex neben den Zadokiden auch noch das Geschlecht Ithamar nennen kann, was auch Esra 8, 2 und Neh, 10, 6 ausdrücklich genannt wird. Aber es ist nicht notwendig, die Stelle von einer Degradation zu verstehen. Die Leviten werden ihre Schmach tragen, grade so wie Israel selber c. 39, 26 seine Schmach und Sünde tragen wird: die Thatsache, daß sie abgefallen sind, kann niemals mehr aus der Welt geschafft werden. Es ist wohl möglich, daß bei der künftigen Veränderung der Verhältnisse, die Ez. in Aussicht stellt, vgl. nur c. 47, 22–23, für die Leviten nach 1 Tim. 3, 13 noch etwas Besseres vorgesehen war; doch sie haben sich dessen nicht würdig erwiesen. Was aber den Priesterkodex anlangt, so weiß er nicht nur von der Scheidung zwischen Priester und Leviten, wie Ezechiel, sondern auch von der engen Zusammengehörigkeit beider. Num. 17, da gezeigt werden soll, wen der HErr zum Priester unter den Stämmen erwählen wolle, wird der Name Aarons auf den Stecken Levis geschrieben. Der priesterliche Zehnte gehört 18, 21 den Kindern Levis. Nicht den Aaroniden werden Num. 35 Wohnstädte für sich bestimmt, sondern den Leviten, 48, unter diesen die 6 Asylstädte; erst Josua 21, 1 etc. hören wir, daß unter diesen Levitenstädten 13 den Priestern gegeben wurden. – Dieser Sachverhalt entspricht gleicherweise Exod. 32, 29 wie Deut. 33, 8–11. Übrigens bezeichnet Maleachi c. 2, 8 den Bund Gottes mit den Priestern als einen Bund mit Levi. Ist nun der Priesterkodex noch jünger als Maleachi und stellt er sich in Gegensatz zu ihm? Oder ist nicht vielmehr keines von beiden der Fall und vielmehr Wellhausens Anschauung unrichtig?

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 Noch ein kurzes Wort über die Anschauung Wellhausens von der Patriarchengeschichte: sie sei nichts anderes, als die Projektion der Königszeit und ihrer zeitgeschichtlichen Verhältnisse ins Altertum. Wir erfahren aus ihr nicht wie es im Altertum ausgesehen hat, sondern erkennen aus ihr die Zustände der Königszeit. So W. Es fällt schon auf, daß die Patriarchen so friedliche Erscheinungen sind, während die Zeit der Könige so kampfesreich war, sonderlich während der Dynastie Jehus. Zur Erklärung dieser Disharmonie nimmt W. das Vorhandensein einer gewissen Kampfesmüdigkeit nach so vielen Kriegen in Israel an. Indes nach den erfolgreichen Kriegen, durch welche stufenweise verlorenes Besitztum zurückerobert und Israel immer mächtiger wurde, dürfte wohl bei Erreichung des Ziels Befriedigung und freudiger Stolz (im schlimmen Fall: Überhebung und Hochmut), aber nicht Ermattung und Unlust eingetreten sein. Aber auch im einzelnen stimmt Urbild und Abbild nicht. In der Patriarchengeschichte z. B. erscheint Esau als der Mächtigere, der gefürchtet wird;