eine höchst bedenkliche Einrichtung zu sein. Dennoch würde sie wenig zu bedeuten haben, wenn die Minister Sachverständige wären oder dauernd von Sachverständigen Rath erhielten, was bekanntlich nicht der Fall ist. Die Minister haben nicht an der einen Hand einen Sachverständigen für Mediciner, Naturforscher u. s. w., an der andern für Juristen, Philologen u. a. Aus dem Grunde muss die Kritik der Fakultät in Personalfragen durch etwas ergänzt werden, was eine grössere Objectivität gewährleistet und jede persönliche Beeinflussung verhindert. Dies ist aber nur dadurch möglich, dass neben der Fakultät ein zweiter unbefangener und uninteressirter Sachverständiger von der Regierung aufgestellt wird – sei es aus einer benachbarten Fakultät oder aus einer praktischen Stellung – der in zweifelhaften Fällen die bestimmte Ordre erhält, auswärts Erkundigungen einzuziehen, damit der Docent nicht ungerecht behandelt oder gemisshandelt werden kann.
Sehen wir uns aber die Kritik dieser Fakultäten bei Berufungen an, so ist doch höchst auffallend, dass eine Fakultät, welche die grösste Subtilität der Beurtheilung walten lässt, wenn es gilt, einem Docenten 300 Mark zu bewilligen, nicht Material genug sich zu verschaffen vermag, um bei der Berufung zu verhindern, dass ein Gelehrter anrückt, der sich sofort als der widerwärtigste, bösartigste und unverträglichste Mensch entpuppt. Fürwahr das sind eigenthümliche Früchte der Kritik der Fakultäten!
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/092&oldid=- (Version vom 18.8.2016)