das Ganze der Wissenschaft fördernde Richtung sei. Kommt freilich ein Zweig der Wissenschaft erst neu auf, wie die pathologische Anatomie durch Rokitansky oder Virchow, oder die vergleichende Sprachwissenschaft durch Georg Curtius, dann mag für die nächsten Jahre gar keine andere Möglichkeit vorliegen, als dass die gewünschten Vertreter dieses Zweiges für die einzelnen Hochschulen aus jener Schule gewonnen werden müssen. Aber dies sind doch nur Ausnahmefälle. Ausserdem aber werden auch wieder die begabtesten Schüler des fundamentirenden Lehrers selbst bald in der Lage sein, eine Schule zu bilden, so dass dann schon zwei verschiedene Schulen der einen Richtung vorhanden wären. Gewöhnlich handelt es sich aber um eine alte Wissenschaft, von welcher ein Zweig eine besondere Pflege durch einen bedeutenden Lehrer erhalten hat, wie die Epigraphik seiner Zeit durch August Boeckh, heute durch Theodor Mommsen, Kirchhoff und Gustav Hirschfeld, die Quellenkunde durch A. Schäfer oder A. v. Gutschmid eine hervorragende Behandlung erhalten haben.
Um nun aber eine dieser Richtungen zur praevalirenden auf den Hochschulen zu machen, indem man eifrig darauf bedacht ist, nur seine Schüler für das Gesammtgebiet jener Wissenschaft in Vorschlag und unterzubringen, dazu gehört zunächst eine ganz ungewöhnliche Selbstüberschätzung. Denn so wenig für jede Hochschule gerade ein Historiker nöthig
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/109&oldid=- (Version vom 18.8.2016)