pflegt. Aber auch an andern Universitäten, die sich weit über das provinciale Niveau heute erheben, wie Heidelberg und Tübingen, ist durch einheimische Verhältnisse und Einrichtungen das Schulbilden sehr erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht.
Andrerseits können Lehrer, vielleicht sogar namhafte Lehrer, an jenen günstiger situirten Universitäten wirken, ohne die Fähigkeit zu besitzen, eine Schule zu gründen. Denn zur Stiftung einer Schule gehören nicht nur die Eigenschaften eines bedeutenden Fachmanns, sondern auch eine ganz bestimmte, von dem Schulhaupt ganz allein, oder in hervorragender Weise vertretene Richtung in der Wissenschaft, welche so grosse Lebens- und innere Entwicklungsfähigkeit besitzt, dass eine Schule gleichsam davon genährt werden kann. So wirkte im günstigsten Augenblick der Philologe Hermann und so ganz besonders Friedrich Ritschl. Beide wiesen der Philologie neue Wege an; aber Ritschl war in seinen jüngsten Schülern weniger glücklich.
Wenn es demnach nur als wünschenswerth erscheinen muss, dass gesunde wissenschaftliche Richtungen durch Schulbildung weiter verbreitet und gepflegt werden, so ist damit noch keineswegs gesagt, dass selbst eine gesunde Richtung bei Besetzung der Unterrichtsstellen eine dominirende Stellung einnehmen soll, da doch niemals behauptet werden kann, dass dies nun die einzig berechtigte und ausschliesslich
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/108&oldid=- (Version vom 18.8.2016)