unter den Studenten dafür bekannt ist, dass er alle Zuhörer einladet, so pflegt ein grosser Theil der Studenten von dieser Annehmlichkeit Gebrauch zu machen, und um so mehr, wenn man weiss, dass es dem Professor besonders erwünscht ist – z. B. wenn er heirathsfähige Töchter hat – oder dass es besonders vortheilhaft ist, z. B. wenn er in der Prüfungscommission sitzt, so dass eine persönliche Bekanntschaft als erspriesslich erscheinen muss. Es giebt aber Professoren, welche die Visitenkarte des Studenten gar nicht erst abwarten, sondern die ganze Zuhörerschaft in mehreren Raten zum Souper entbieten. Dann bildet sich beim Publicum von selbst die Vorstellung aus, dass mit diesen Einladungen ein Köder ausgeworfen werde, mit dessen Hülfe diejenigen, welche bereits einmal an den culinarischen Genüssen Theil genommen haben, im nächsten Semester wieder neue Zuhörer in die Hörsäle und in das Haus des Professors locken sollen.
Eine zweite Wirkung dieser grossartigen Studentengesellschaften ist rein socialer Natur. Die Studenten, welche von ärmeren und bescheidenen Eltern stammen, gewinnen in den reichen Professorenhäusern ein Wohlleben und einen Luxus lieb, der ihnen nachher die Einfachheit des elterlichen Hauses als etwas sehr Beklagenswerthes und Geringschätziges erscheinen lässt, welcher Stimmung sie sich nicht selten Ausdruck zu geben wagen. Es haben daher auch Eltern wiederholentlich darüber geklagt, in
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/119&oldid=- (Version vom 18.8.2016)