kann. Es ist aber ebenso oft in Fakultäten gelogen worden, wenn einer getadelt und ein anderer, den man wollte, übertrieben gelobt wurde, wie in der akademischen Welt nicht wenig Fälle bekannt geworden sind, wo von einzelnen Professoren nach aussen hin über persönliche Verhältnisse geradezu in unerhörter und frecher Weise die Unwahrheit gesprochen und verleumdet worden ist. Alles dieses vermag ein Ordinarius ungestraft zu thun. Er ist Keinem Rechenschaft schuldig, er hat Keinen über sich, der ihn korrigirt – denn gewöhnlich werden auch die Kollegen der Fakultät aus praktischen Gründen abgehalten, ihm entgegenzutreten – wenn nicht gerade ein einflussreiches Fakultätsmitglied sich in hervorragender Weise des Docenten annimmt – die Lüge und Verleumdung schleichen im Dunkeln dahin und so kann der Ordinarius einen Docenten einfach vernichten.
Wie anders steht es mit dem Offizier oder dem Gymnasiallehrer oder dem Referendarius! Werden sie von einem Vorgesetzten gemisshandelt, so ist die Versetzung ein Ausweg, der in fast allen Fällen ohne Schwierigkeit zu bewerkstelligen ist. Ein solcher Vorgesetzter kann den jungen Mann durch ungünstige Berichte in seiner Carriere aufhalten, zerstören kann er dieselbe nicht. Denn auch die ganze Aufsichtsbehörde ist, z. Β. beim Lehrer namentlich, in der Lage, sich ein Urtheil zu bilden, indem der Unterricht desselben inspicirt oder seine wissenschaftliche Thätigkeit
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/181&oldid=- (Version vom 17.8.2016)