können, über welche andere deutsche Juristen den Kopf geschüttelt haben. Es scheint auch hier ein viel zu reger Wetteifer um die Examensnote vorhanden, und derselben bei Beförderung der Beamten eine viel zu grosse Bedeutung eingeräumt zu sein.
Aus diesem Grunde können wir im Interesse der Einzelstaaten und ihrer Beamten nur den Wunsch aussprechen, dass alle die preussische Seminareinrichtung ebenso nachahmen möchten, und dass auch bei der Beförderung der Beamten nach dem Beispiel Preussens kein ausschliessliches Gewicht auf die Examensnote gelegt werden möchte, sondern zum guten Theil auch auf den praktischen Blick und die praktische Tüchtigkeit. Denn wenn die Examensnote im Bereiche der Intelligenz (welche doch vorzugsweise im Beamtenthum vertreten ist) entscheiden sollte, dann hätten wir keinen Alexander v. Humboldt und keinen Fürsten Bismarck bekommen. Ganz besonders aber empfehlen wir den in Süddeutschland wirkenden Professoren, statt unverdrossen in dem ausgetretenen Geleise süddeutscher Bequemlichkeit vorwärts zu gehen, alle Anstrengungen zu machen, um die Regierung zur Einführung der norddeutschen Einrichtung zu veranlassen, damit nicht später einmal die eignen, zurückgebliebenen Landeskinder, wenn sie ihre Leistungen mit den andern vergleichen, die vorwurfsvolle Frage erheben können, warum ihnen die bessere Kost von Seiten ihrer Lehrer so lange vorenthalten worden sei.
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/211&oldid=- (Version vom 17.8.2016)