diese niederen Leidenschaften dar. Man lässt Briefe schreiben in dem Sinne, den man wünscht, man verheimlicht auch Briefe, die man für seinen Zweck nicht brauchen kann, wie man, um zu schaden, auch schon Arbeiten oder Recensionen unterschlagen hat, d. h. zu nennen unterlassen hat, die dem Betreffenden von Nutzen gewesen wären. Die grossen Centralpunkte der schweizerischen Alpenwelt, besonders Engelberg, Interlaken und Pontresina, versammeln in jedem Sommer die halbe Professorenwelt Deutschlands, wo der akademische Klatsch ausgetauscht wird, und daneben giebt es sogenannte Universitätswanzen, welche die Personalien aller deutschen Hochschulen im Kopf haben und für die Verbreitung aller persönlichen Angelegenheiten sorgen.
Die zweite bei den Berufungen vorkommende Frage betrifft die Frau. Man geht heute in manchen Fakultäten weniger von der Voraussetzung aus, ob die Hochschule einen hervorragenden Nutzen haben würde, als vielmehr, ob die Gesellschaft und d. h. die Clique oder der Ring der Vermögenden eine wünschenswerthe Bereicherung erhalten werde. Und dazu ist die Frau nothwendig. Es gilt daher als eine bedeutende Empfehlung, wenn die berufene Frau jung, liebenswürdig, schön oder musikalisch ist. Diese Eigenschaften vermögen sogar einen Ersatz für ungenügende Vermögensverhältnisse zu gewähren.
Aber auch die Frage nach der wissenschaftlichen Beschaffenheit des einzelnen Gelehrten
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/253&oldid=- (Version vom 18.8.2016)