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des Knechtes dem Freien gegenüber und stellt den Armen mit dem Reichen auf eine Stufe. 40 Die Seele wandelt er um und verleiht ihr neue Kraft. Den Unglücklichen nimmt er ihre Traurigkeit, lässt den Schuldner seine Schuld vergessen und macht, dass er sich für den reichsten Menschen hält, sodass er nicht mehr von Kleinigkeiten, sondern nur noch von Talenten und allem anderen, was glückselig macht, redet. 41 Er lässt Fürsten und Könige ihre Würde vergessen und tilgt selbst das Andenken an Freunde und Verwandte. Den Menschen bringt er auf gegen seine Lieben, als wenn sie ihm wildfremd wären. 42 Ist man aber nüchtern geworden und hat man den Weinrausch in der Nacht verschlafen, so erhebt man sich, ohne noch etwas von dem zu wissen, was man im Taumel gethan. Daraus ziehe ich den Schluss, dass der Wein der allmächtigste Herrscher ist, und nichts ihn an Gewalt übertrifft.“

(4.) 43 Nachdem der erste diese Rede auf den Wein gehalten, fing der zweite an, von der Macht des Königs zu sprechen, die er für gewaltiger als jede andere körperliche oder geistige Macht hielt. Diese Behauptung versuchte er also zu beweisen: 44 „Der Mensch herrscht über alle Dinge und kann sich Land und Meer nach Belieben dienstbar machen. Die Könige aber haben wieder die Herrschaft über die Menschen. Wer also über das stärkste und mächtigste Geschöpf gebietet, der muss wohl die grösste Gewalt besitzen. 45 Wenn der König seinen Unterthanen befiehlt, sich in Krieg und Gefahren zu stürzen, so gehorchen sie. Sendet er sie gegen den Feind, so wagt niemand zu trotzen. Berge werden auf seinen Befehl abgetragen, feste Mauern und Türme zerstört. Ja, morden und sich morden lassen, wenn er gebietet, ist der Menschen Pflicht, wie auch der Sieger seine Kampfesbeute nur dem Könige zu bringen hat. 46 Die aber vom Kriegsdienste frei sind und das Land bebauen, müssen, wenn sie nach harter Arbeit endlich ernten, dem Könige die Abgabe davon entrichten. 47 Was er ausspricht und befiehlt, muss ohne Verzug gethan

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/10&oldid=- (Version vom 12.12.2020)