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in hohem Alter und wurde mit grosser Pracht zu Jerusalem bestattet. Um dieselbe Zeit schied auch der Hohepriester Joakim aus dem Leben, und es folgte ihm in der Hohepriesterwürde sein Sohn Eliasib.

(6.) 159 Unter den gefangenen Juden befand sich ein Mundschenk des Königs Xerxes, mit Namen Neëmias. Als dieser einst vor den Thoren der persischen Hauptstadt Susa lustwandelte, hörte er einige Fremde, die von einer langen Reise in die Stadt einkehrten, in hebraeischer Sprache sich unterhalten, trat auf sie zu und fragte sie, woher sie kämen. 160 Sie entgegneten, aus Judaea, worauf er sich weiter erkundigte, wie es um ihr Volk und die Stadt Jerusalem stehe. 161 Jene erwiderten, es sei sehr schlecht damit bestellt, da die Stadtmauern dem Erdboden gleich gemacht seien und die ringsum wohnenden Völkerschaften den Juden hart zusetzten. Bei Tage fielen sie in das Land ein, raubten und verwüsteten, bei Nacht aber schlichen sie sich heran und führten viele aus der Umgegend und selbst aus Jerusalem gefangen weg, und gar oft finde man Leichen auf den Wegen liegen. 162 Da brach Neëmias vor Mitleid mit dem Unglück seiner Landsleute in Wehklagen aus, erhob die Augen gen Himmel und sprach: „Bis wann, o Herr, willst du unser Volk noch also heimsuchen? Wahrlich, wir sind zum Raube und zur Beute aller unserer Feinde geworden!“ 163 Während er nun so am Thore stand und weinte, wurde ihm gemeldet, der König wolle sich zum Mahle begeben. Da eilte er, ungewaschen wie er war, um seinen Dienst beim Könige zu versehen. 164 Nach dem Mahle war der König sehr gut gelaunt und heiterer als gewöhnlich, und als er des Neëmias traurige Miene bemerkte, fragte er ihn, weshalb er so niedergeschlagen sei. 165 Da bat Neëmias zu Gott, er möge seiner Rede die Kraft der Überzeugung verleihen, und sprach: „Wie kann ich, o König, anders aussehen, oder wie sollte ich nicht traurig sein, da ich höre, dass in meiner Vaterstadt Jerusalem, wo meine Vorfahren begraben liegen, die Mauern niedergerissen und die Stadtthore

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/28&oldid=- (Version vom 12.12.2020)