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Joseph erteilt worden war, suchte sie auf jede mögliche Weise die Wächter zu bestechen und ganz besonders den Soëmus, weil sie wusste, dass von ihm alles abhänge. 205 Anfangs nun bewies sich Soëmus treu und befolgte genau die Vorschriften des Herodes. Als aber die Weiber ihm durch Schmeicheleien und Geschenke immer mehr zusetzten, gab er endlich nach und teilte ihnen den Auftrag des Herodes mit, zumal er nicht erwartete, dass der König mit derselben Macht zurückkehren würde. 206 Indem er also einerseits keine Gefahr mehr befürchten zu müssen glaubte, gedachte er sich anderseits die Gunst der Weiber zu erringen, da es ihm wahrscheinlich vorkam, dass sie ihr früheres Ansehen wiedererlangen und in die Möglichkeit versetzt würden, ihm alles reichlich zu vergelten. Mariamne, so hoffte er, würde entweder selbst Königin werden, oder doch dem zukünftigen Könige sehr nahe stehen. 207 Doch auch für den Fall, dass Herodes mit guten Erfolgen heimkehre, glaubte er nicht schlecht zu fahren, da Herodes den Wünschen seiner Gattin gewiss keinen Widerstand entgegensetzen würde. War es ihm doch bekannt, wie leidenschaftlich der König die Mariamne liebte. Diese Erwägungen führten ihn dazu, die Aufträge des Königs zu verraten. 208 Mariamne aber erfuhr es mit grossem Unwillen, dass ihr von Herodes stets neue Gefahren bereitet wurden, und wünschte in ihrer Erbitterung darüber nichts sehnlicher, als dass er umkommen möchte, da sie mit ihm nicht mehr zusammenleben zu können glaubte, woraus sie ihm auch später unter Hinweis auf ihre üble Lage kein Hehl machte.

(2.) 209 Sobald nun Herodes wider Erwarten in vollem Glücke heimkehrte, teilte er, wie billig, seiner Gattin, die er mehr als alle anderen liebte und deshalb auch allein begrüsste, die freudige Nachricht zuerst mit. 210 Als er ihr aber den glücklichen Erfolg seiner Reise erzählte, empfand sie mehr Schmerz als Freude. Auch vermochte sie ihren Kummer nicht zu verheimlichen, sondern als er sie begrüsste, seufzte sie im Gefühl ihrer Würde und

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 326. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/326&oldid=- (Version vom 12.12.2020)