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so treu gedient habe, würde niemals seine Aufträge verraten haben, wenn er mit Mariamne nicht in unerlaubtem Verkehr gestanden hätte. 229 Und sogleich liess er den Soëmus festnehmen und hinrichten. Über seine Gattin aber hielt er unter Zuziehung seiner vertrautesten Freunde Gericht und erhob mit grossem Eifer eine Anklage gegen sie wegen des Gift- und Liebestrankes, dessen Bereitung die Verleumdung ihr zur Last gelegt hatte. Herodes redete dabei heftiger und ergrimmter, wie es sich für eine Gerichtsverhandlung ziemte, und als die Anwesenden ihn in solcher Erregung sahen, verurteilten sie Mariamne zum Tode. 230 Dennoch hielten der König und einige der Anwesenden dafür, das Urteil nicht allzu schnell zu vollstrecken, sondern Mariamne zunächst an irgend einen Ort des Königreiches in Gewahrsam zu bringen. 231 Salome dagegen gab sich die grösste Mühe, die sofortige Hinrichtung zu erwirken, und beredete endlich den König dazu, indem sie ihm vorhielt, es könnten Unruhen unter dem Volke ausbrechen, wenn man Mariamne lebendig gefangen halte. Demnach wurde Mariamne zum Tode geführt.

(5.) 232 Da nun Alexandra merkte, wie die Sachen standen, und es ihr klar wurde, dass sie befürchten müsse, gleichfalls von Herodes mit dem Tode bestraft zu werden, liess sie von ihrem früheren Übermut ab und änderte ohne alle Rücksicht auf Anstand ihr Benehmen vollständig. 233 Um nämlich zu beweisen, dass sie von dem, was ihrer Tochter vorgeworfen wurde, kein Mitwissen habe, lief sie auf die Strasse und erhob öffentlich gegen ihre Tochter ein Geschrei, schalt sie, dass sie sich so schlecht und undankbar gegen ihren Gatten benommen habe, und bezeichnete die Strafe, die sie dafür erleiden sollte, als durchaus verdient: denn alle ihr erwiesenen Wohlthaten habe sie mit Undank gelohnt. 234 Als sie sich nun so ungebührlich verstellte und ihrer Tochter sogar in die Haare fiel, warfen ihr viele, was ja auch recht war, schändliche Heuchelei vor. Ganz besonders aber schien ihr Mariamne, die nun bald den Tod erleiden sollte,

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/330&oldid=- (Version vom 12.12.2020)