Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/355

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Rufe stand und von Gott mit der Gabe, die Zukunft vorherzusehen, ausgestattet war, blickte eines Tages den Herodes, da dieser noch ein Knabe war und mit ihm zur Schule ging, an und sagte zu ihm, er werde dereinst König der Juden werden. 374 Herodes aber, der der Meinung war, Manaëm kenne ihn entweder nicht oder treibe seinen Scherz mit ihm, entgegnete, er sei doch nur von gewöhnlicher Herkunft. Manaëm lächelte darüber, schlug ihn auf die Schenkel und sprach: „Du wirst in der That König werden und, weil dich Gott dessen für würdig hält, eine glückliche Regierung führen. Erinnere dich alsdann der Schläge des Manaëm und lass sie dir zum Zeichen dienen, dass alles Glück wandelbar ist. 375 Denn eine solche Erwägung wird dir zu grossem Nutzen gereichen, wenn du Gerechtigkeit und Frömmigkeit liebst und dich gegen deine Unterthanen mild erweisest. Ich aber, der ich genau hierüber unterrichtet bin, weiss bestimmt, dass du so nicht sein wirst. 376 Denn du wirst wohl, wie kein anderer, ein glückliches Leben führen und dir ewigen Ruhm erwerben, Frömmigkeit und Gerechtigkeit aber wirst du vergessen. Allein Gott dem Herrn wird dies nicht verborgen bleiben, und er wird dich am Ende deines Lebens dafür bestrafen.“ 377 Auf diese Worte achtete Herodes damals nicht, weil er eine solche Hoffnung nicht hegte. Als er aber zur Regierung und zwar zu glücklicher Regierung gelangt war, liess er, da er auf dem Gipfel seiner Macht stand, den Manaëm rufen und fragte ihn, wie lange er noch regieren werde. 378 Manaëm antwortete hierauf nichts und schwieg. Da fragte Herodes weiter, ob seine Regierung wohl noch zehn Jahre dauern werde, und nun erwiderte Manaëm, auch wohl zwanzig oder dreissig Jahre, ohne jedoch das Ende seines Lebens genau zu bestimmen. Herodes aber war damit zufrieden, gab dem Manaëm die Hand, entliess ihn und hielt von der Zeit an alle Essener in Ehren. 379 Obgleich nun diese Erzählung allen Glauben übersteigt, hielt ich es doch für gut, sie den Lesern mitzuteilen und zugleich davon

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 355. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/355&oldid=- (Version vom 12.12.2020)