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sei, dass er trotzdem von seiner Gewalt keinen Gebrauch gemacht, sondern seine Söhne zu ihrer aller Wohlthäter, dem Caesar, geführt habe und mit Hintansetzung alles dessen, was ein beleidigter Vater und in Gefahren schwebender König habe thun können, gekommen sei, um sich ebenso wie sie der Entscheidung des Augustus zu unterwerfen. 99 Nur bitte er den Caesar, wenigstens in etwa dafür zu sorgen, dass er nicht in so grosser Angst sein Leben zubringen müsse. Nach solchen Anschlägen könne es ja den beiden nichts helfen, noch länger zu leben, da sie, wenn sie auch jetzt der Strafe entgingen, doch sicher ins grösste Unheil geraten würden, sowie sie ihm dasselbe zu bereiten unternommen hätten.

(2.) 100 Solch heftige Vorwürfe machte Herodes seinen Söhnen vor dem Caesar. Die Jünglinge waren schon während seiner Rede in Thränen ausgebrochen, und ihr Schluchzen steigerte sich noch, als Herodes geendigt hatte. Denn sie konnten sich mit gutem Gewissen das Zeugnis geben, dass ihnen der Gedanke an derartige Frevelthaten fernlag, obgleich sie sich freilich auch sagen mussten, 101 dass es schwer fallen würde, sich gegen die Beschuldigungen von seiten ihres Vaters zu verteidigen. Es schien ja zwar die beste Gelegenheit dazu vorhanden zu sein; dennoch wäre es unpassend gewesen, hätten sie nachweisen wollen, dass ihr Vater durch seine Heftigkeit und Voreiligkeit irregeführt worden war. 102 Sie wussten also vorderhand nichts zu sagen und hatten nur Thränen und Seufzer. Schwiegen sie gänzlich, so konnte es nicht fehlen, dass ihnen dies als Schuldbewusstsein ausgelegt wurde; anderseits aber fehlte ihnen bei ihrer jugendlichen Zaghaftigkeit und Bestürzung auch jede Fähigkeit, ihre Verteidigung richtig anzugreifen. 103 Der Caesar jedoch, der ihre Verwirrung beobachtete, sah wohl ein, dass sie mehr aus Unerfahrenheit und Beklemmung als aus Schuldbewusstsein schwiegen, und auch keiner der übrigen Anwesenden konnte ihnen sein Mitleid versagen; ja selbst Herodes vermochte seine innere Bewegung darüber nicht zu bemeistern.

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/383&oldid=- (Version vom 12.12.2020)