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vor Zorn gerötetem Gesicht anschaute, verlor sie aus Angst die Besinnung und sank lautlos ihren Dienerinnen in die Arme. 237 Da veränderte sich, durch Gottes Fügung, wie ich glaube, plötzlich die Gesinnung des Königs, und voll Besorgnis, es möchte ihr etwas Schlimmes widerfahren sein, 238 sprang er vom Throne auf, umarmte sie und redete ihr mit zärtlichen Worten zu, sie möge nur getrost sein und nichts Übles befürchten, wenn sie auch ungerufen zu ihm gekommen sei. Das Gesetz sei ja bloss für seine Unterthanen gegeben, während die Königin, die mit ihm die gleiche Würde bekleide, sich daran nicht zu stören brauche. 239 Während er so sprach, gab er ihr sein Scepter in die Hand und berührte dem Gesetze gemäss mit dem Stabe ihren Nacken, um ihr alle Furcht zu benehmen. 240 Als Esther nun wieder zu sich gekommen war, sprach sie: „Herr, ich kann dir nicht sagen, was mir da so plötzlich angekommen ist. Als ich dich in deiner Macht, Majestät und Furchtbarkeit erblickte, verliess mich meine Kraft, und es entschwanden mir die Sinne.“ 241 Diese Worte brachte sie mühsam und mit schwacher Stimme hervor, was den König nur noch mehr ängstigte und verwirrte, sodass er Esther ermunterte, sie solle Mut fassen und überzeugt sein, dass er ihr die Hälfte seines Reiches geben werde, wenn sie es wünsche. 242 Esther bat jedoch nur, er möge mit seinem Vertrauten Aman bei ihr speisen, da sie ihnen ein Mahl habe bereiten lassen. Der König gewährte ihr sogleich die Bitte, und als sie zu Tische sassen, forderte er Esther auf, ihm zu sagen, was sie begehre. 243 Denn alles wolle er ihr gewähren, und wenn sie die Hälfte seines Reiches verlange. Esther aber erklärte ihm, sie ziehe es vor, ihren Wunsch für den folgenden Tag aufzusparen, wenn er dann wieder mit Aman bei ihr speisen wolle.

(10.) 244 Der König versprach das, und Aman entfernte sich in heller Freude darüber, dass er allein mit dem Könige von Esther zur Tafel gezogen worden war, da sonst niemand einer derartigen Ehre gewürdigt wurde. Als er aber vor der Thür den Mardochaeus erblickte,

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/40&oldid=- (Version vom 12.12.2020)