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ihre Lippen gekommen. 214 Vielmehr suche man ihr nur den Hass des Königs zuzuziehen und sie aus dem Wege zu räumen, weil sie in ihrer Zuneigung zu Herodes alle demselben drohenden Gefahren stets rechtzeitig voraussehe. 215 Und noch ergrimmter sei man jetzt über sie, weil sie allein ihrem Bruder den Rat gegeben habe, sich von seiner Gattin zu trennen und die Tochter des Königs zu heiraten. Es sei deshalb auch nicht zu verwundern, dass sie ihrem Bruder verhasst sei. 216 Während sie diese Worte hervorstiess, raufte sie ihr Haar und zerschlug sich die Brust und machte es so durch ihr Gebärdenspiel glaubhaft, dass alles gegen sie Vorgebrachte nur Lüge sei, während sie in Wirklichkeit bei der Bösartigkeit ihres Charakters nur Heuchelei trieb. 217 Pheroras stand unterdessen in der Mitte und konnte nichts zu seiner Entschuldigung vorbringen. Er vermochte ja nicht zu leugnen, dass er jene Verleumdungen wirklich ausgestreut hatte, und dass er sie anders woher gehört haben wollte, glaubte man ihm nicht. 218 Dieser aufregende Wortwechsel hielt noch geraume Zeit an, bis endlich der König seinen Bruder und seine Schwester im höchsten Zorn entliess, seinen Sohn aber lobte, weil er sich beherrscht und ihm diese Reden hinterbracht habe. Alsdann begab sich Herodes, da es inzwischen Abend geworden war, zur Körperpflege in seine Gemächer. 219 Nach diesem Zwischenfall geriet Salome in Verruf, weil kein Zweifel mehr daran obwaltete, dass sie zuerst jene Verleumdung ausgestreut hatte. Des Königs Gattinnen aber waren schon längst gegen sie erbittert, weil sie ihre Schlangennatur kannten und wussten, dass sie bald freundliche, bald feindliche Gesinnung zur Schau trug, wie der Zweck es eben erforderte. Von ihnen also hörte Herodes stets neue Beschuldigungen gegen Salome, und weitere Ermunterung dazu fanden sie in folgendem Vorfalle.

(6.) 220 Der Araberkönig Obodas, der ein unthätiger, träger Charakter war, liess seine meisten Geschäfte durch einen scharfsinnigen und wohlgestalteten jungen

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/403&oldid=- (Version vom 12.12.2020)