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zu Ende war, forderte Varus den Antipater auf, sich zur Widerlegung der Beschuldigungen anzuschicken, wenn er seine Unschuld beweisen könne; er wünsche nämlich sehr, ihn frei ausgehen zu sehen, wie das auch, dessen sei er gewiss, dem Wunsche seines Vaters entspreche. 128 Antipater warf sich darauf zu Boden und rief Gott und alle Menschen zu Zeugen dafür an, dass er unschuldig sei und nichts gegen seinen Vater im Schilde geführt habe. 129 Das ist allerdings das Verfahren aller Unholde: Schicken sie sich zu einem Verbrechen an, so kümmern sie sich nicht um Gottes Allgegenwart und handeln ihrer Willkür gemäss; werden sie aber ergriffen und vor Gericht gestellt, so wollen sie dadurch, dass sie Gott zum Zeugen anrufen, alle Schuld von sich abwälzen. 130 Genau so machte es auch Antipater. Denn zuerst verübte er alle möglichen Greuel, als ob es keinen lebendigen Gott mehr gebe; als er aber zur Rechenschaft gezogen wurde und keinen Ausweg zu seiner Rettung sah, vermass er sich, Gottes Hilfe wieder anzurufen, beschwor ihn, seine Macht zu seinen Gunsten walten zu lassen, und berief sich auf das, was er fortgesetzt für das Wohl seines Vaters gethan habe.

(7.) 131 Als nun Varus trotz öfteren Fragens aus Antipater nichts anderes herausbringen konnte, als die Berufung auf Gott, und einsah, dass er damit nicht zu Ende kommen würde, befahl er, das Gift herbeizubringen, um dessen Wirkung zu erproben. 132 Als dasselbe geholt worden war, musste auf Varus’ Anordnung ein zum Tode verurteilter Verbrecher davon trinken, und dieser fiel sogleich entseelt nieder. Da erhob sich Varus, verliess die Sitzung und begab sich am folgenden Tage nach Antiochia, der Hauptstadt von Syrien, wo er sich meistens aufzuhalten pflegte. Herodes aber liess sogleich seinen Sohn in Ketten legen, 133 und man wusste nicht recht, was Varus vor seiner Abreise dem König noch gesagt hatte. Doch war man vielfach der Meinung, er habe zu dem Verfahren, welches Herodes gegen

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 460. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/460&oldid=- (Version vom 13.12.2020)