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räumst, und es käme dann die ganze Welt und besonders ich in eine glückliche Lage.“ 188 Diese Aussage hielt Tiberius für glaubwürdig, und da auch sein alter Groll gegen Agrippa sich regte, weil dieser trotz seines Befehls, sich an Tiberius, seinen Enkel und des Drusus Sohn, anzuschliessen, den letzteren vernachlässigt und sich ganz zu Gajus gehalten hatte, wandte er sich an Macro 189 und sagte: „Leg’ ihn in Fesseln!“ Weil nun Macro einesteils nicht recht verstand, wen Tiberius gefesselt haben wollte, andernteils nicht ahnte, dass er so etwas gegen Agrippa beschliessen könne, wartete er, bis er den Caesar besser verstanden haben würde. 190 Später wandelte Tiberius in der Rennbahn umher, und als er hier Agrippa stehen sah, rief er aus: „Aber, Macro, ich habe dir doch befohlen, diesen in Fesseln zu legen!“ Macro fragte: „Wen denn?“ worauf der Caesar entgegnete: „Agrippa.“ 191 Nun legte sich dieser aufs Bitten, erinnerte ihn an den Sohn, mit dem er erzogen worden sei, und an Tiberius, dessen Bildung er geleitet habe. 192 Es half aber alles nichts, sondern er wurde im Purpurgewande, so wie er war, gefesselt hinweggeführt. Zur Mahlzeit nun wurde ihm sehr wenig Wein gereicht, und da es obendrein sehr heiss war, bekam er heftigen Durst, unter dem er schliesslich so litt, dass er von höchstem Unbehagen ergriffen wurde. Da erblickte er einen von Gajus’ Dienern mit Namen Thaumastus, der Wasser in einem Gefässe trug, und bat sich von ihm etwas zu trinken aus. 193 Der Diener reichte ihm das Gefäss, und als er getrunken hatte, sagte er: „Das soll dein Schaden nicht sein, Sklave, dass du mir den Gefallen erwiesen hast. Sobald ich von diesen Fesseln befreit bin, wird es meine erste Sorge sein, dir die Freiheit von Gajus zu erwirken, weil du mir jetzt, da ich gefangen bin, mit derselben Bereitwilligkeit deine Dienste geleistet hast, wie früher, als ich noch im Glück lebte.“ 194 Das bewahrheitete sich auch in der Folgezeit, und Agrippa konnte ihm so seinen Dank abstatten. Sobald er nämlich König geworden war, bat er sich den Thaumastus von dem inzwischen

Empfohlene Zitierweise:
Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 538. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/538&oldid=- (Version vom 13.12.2020)