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auf den Thron gelangten Gajus aus, liess ihn frei und machte ihn zum Verwalter seines Vermögens. Nach seinem Tode aber blieb der Freigelassene bei seinem Sohne Agrippa und seiner Tochter Berenike in gleicher Stellung und bekleidete das Ehrenamt, bis er in hohem Alter starb. Das alles geschah freilich erst später.

(7.) 195 Eines Tages stand Agrippa mit einer Anzahl seiner Mitgefangenen gefesselt vor dem Palaste und lehnte sich voll Schwermut an einen Baum. Auf diesen Baum liess sich einer jener Vögel nieder, die man Uhu nennt. Als nun einer von den Eingekerkerten den Vogel bemerkte, fragte er einen Soldaten, wer der Gefangene im Purpurkleide sei. 196 Dieser antwortete dem Fragesteller, einem Germanen, derselbe heisse Agrippa, stamme aus Judaea und sei einer der Vornehmsten dieses Landes. Der Germane bat darauf den Soldaten, mit dem er zusammengeschlossen war, er möge etwas näher an Agrippa herantreten, da er mit ihm zu sprechen wünsche; er wolle ihn nämlich über die Verhältnisse seines Vaterlandes befragen. 197 Als dies geschehen war, sprach er zu ihm durch einen Dolmetscher folgendermassen: „Junger Mann, dich betrübt wohl der plötzliche Wechsel deines Geschickes, der dich in so schweres Unglück versetzt hat. Vielleicht nun wirst du meinen Worten keinen Glauben beimessen, die dir verkündigen, was die Gottheit in ihrer Vorsehung beschlossen hat, um dich aus deinem Elend zu befreien. 198 Ich rufe indes meine eigenen Götter und die Götter dieses Landes, durch deren Willen wir in die Gefangenschaft geraten sind, zu Zeugen an, dass alles, was ich dir sagen werde, nicht dazu bestimmt ist, deinen Ohren zu schmeicheln oder dich mit leeren Hoffnungen zu vertrösten. 199 Denn solche Vorhersagungen pflegen, wenn der Seher sich getäuscht hat, mehr Leid zu bringen, als wenn man überhaupt nichts von ihnen gehört hätte. Ich habe also selbst unter eigener Lebensgefahr es für angemessen gehalten, dir kundzuthun, was die Götter

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 539. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/539&oldid=- (Version vom 13.12.2020)