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zur Regierung gelangt, so liess er den Tiberius, wie dessen Grossvater geahnt hatte, ermorden. Doch fiel auch er selbst nicht lange nachher einer Verschwörung zum Opfer.

(10.) 224 Wenige Tage, nachdem er den Gajus zu seinem Nachfolger ernannt hatte, starb Tiberius nach einer Regierung von zweiundzwanzig Jahren, fünf Monaten und drei Tagen. Gajus war der vierte[1] römische Caesar. 225 Die Nachricht vom Tode des Tiberius versetzte die Römer in grosse Freude; doch wagten sie kaum daran zu glauben, nicht als ob sie es nicht sehnlichst gewünscht hätten (denn sie würden die Nachricht, wenn sie wahr gewesen wäre, gern mit vielem Gelde bezahlt haben), sondern weil sie fürchteten, ihre Freude, falls das Gerücht sich nicht bewahrheiten sollte, zu voreilig kundgegeben zu haben und deshalb angeklagt und hingerichtet zu werden. 226 Hatte doch Tiberius über den römischen Adel unsägliches Leid gebracht. Denn bei jeder Gelegenheit brauste er zornig auf und wusste seine Aufregung selbst dann nicht zu bemeistern, wenn dieselbe keinen vernünftigen Grund hatte. Von Natur war er geneigt, mit grausamer Willkür zu verfahren, sodass er selbst die leichtesten Vergehen mit dem Tode bestrafte. 227 So gern daher auch die Römer das Gerücht von seinem Tode hörten, so durften sie sich doch aus Furcht vor dem Unheil, das ihnen im Falle einer Täuschung drohte, ihrer Freude nicht hingeben. 228 Agrippas Freigelassener Marsyas aber eilte bei der Nachricht vom Ableben des Tiberius gestreckten Laufes zu dem Gefangenen, um ihm die frohe Botschaft zu bringen. Er traf ihn auf dem Wege zum Bad und flüsterte ihm auf Hebraeisch zu: „Der Löwe ist tot.“ 229 Agrippa verstand recht gut, was diese Worte bedeuten sollten, und sprach voller Freude zu Marsyas: „Für diese frohe Kunde werde ich dir wie für deine übrigen Dienste aufrichtigen Dank wissen, wenn sie nur auf

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 544. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/544&oldid=- (Version vom 13.12.2020)
  1. S. die Anmerkung zu XVIII, 2, 2.