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er sein Amt als Tribun wahrnehmen musste, die Losung holte, stand auf derselben ein gemeines und ehrverletzendes Schimpfwort. 30 Das that der Caesar, obwohl er selbst bei gewissen geheimnisvollen Zusammenkünften, die er angeordnet hatte, sich einfand, wo er Weiberkleider anlegte, sich das Haar auf eine besondere, von ihm ersonnene Art kräuselte und auch in allem übrigen das Gebaren eines Weibes nachahmte. Gleichwohl scheute er sich nicht, ein gleiches dem Chaerea vorzuwerfen. 31 Jedesmal nun, wenn Chaerea die Losung empfing, geriet er in Erbitterung, besonders da er dieselbe anderen einhändigen musste und dann von diesen ausgelacht wurde. So ward er bald für alle übrigen Tribunen eine Zielscheibe des Spottes; denn so oft er die Losung vom Caesar vorzuzeigen hatte, freuten sie sich schon zum voraus, dass sie wieder etwas zu bespötteln bekamen. 32 Chaerea fasste sich daher ein Herz und vertraute einigen Freunden an, dass er sich nicht mehr ungestraft wolle reizen lassen. Unter diesen befand sich auch ein gewisser Pompedius, ein Mann von Senatorsrang, der schon fast alle Ehrenämter bekleidet hatte, im übrigen aber ein Epikuräer[1] war und deshalb Ruhe und Bequemlichkeit liebte. 33 Ihn verklagte sein Feind Timidius, er habe grobe Schmähungen gegen Gajus ausgestossen, und berief sich dabei auf das Zeugnis einer gewissen Quintilia, die auf der Bühne auftrat und infolge ihrer Schönheit eine Menge Liebhaber hatte, darunter auch den Pompedius. 34 Als diese sich aber weigerte, ein falsches Zeugnis abzulegen und dadurch ihren Liebhaber dem Tode zu überantworten, drang Timidius darauf, dass sie der Folter unterworfen werde. Gajus gab auch wirklich in seiner Erbitterung dem Chaerea Befehl, unverzüglich die Quintilia zu foltern. Er pflegte nämlich alle Hinrichtungen und Folterungen dem Chaerea zu übertragen, weil er glaubte, dieser

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 579. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/579&oldid=- (Version vom 13.12.2020)
  1. Die Epikuräer (Anhänger der Lehre des Epikur) betrachteten das Vergnügen als das höchste Gut; vergl. X, 11, 7.