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war. 205 Eine wirklich grossartige, eines Herrschers würdige That dagegen vermag niemand von ihm anzuführen, vielleicht mit einziger Ausnahme der Erbauung von Werftmagazinen, die er mit Rücksicht auf die aus Aegypten kommenden Schiffe bei Rhegium und an der sicilischen Küste anlegen liess 206 und die eingestandenermassen für die Schiffahrt höchst nützliche Einrichtungen waren, freilich aber auch unvollendet blieben. Der Bau wurde nämlich höchst saumselig betrieben, 207 weil Gajus an andere unnütze Werke seinen Eifer verschwendete und auch so viel Geld für seine Vergnügungen aufwandte, dass für wirklich edle Zwecke sein Beutel nicht langte. 208 Dagegen war er ein ausgezeichneter Redner und sprach ebenso geschickt griechisch wie lateinisch. Ausserdem hatte er eine lebendige Auffassungsgabe, und da er alles, was andere einstudiert und mühsam vorbereitet hatten, aus dem Stegreif widerlegen konnte, vermochte es ihm nicht leicht ein Redner gleichzuthun, zumal er seine von Natur schon vorhandene Befähigung noch durch energische Übung ausgebildet hatte. 209 Zu fleissigem Studium regte ihn übrigens auch seine Verwandtschaft mit Tiberius an (er war der Enkel von dessen Bruder[1]), dem er auf dem Throne folgte und der ebenfalls in den Wissenschaften sich besonders hervorthat. Ihm suchte Gajus gleichzukommen, um die Pflichten der Ehrfurcht gegen seinen Verwandten und des Gehorsams gegen den regierenden Caesar zu erfüllen, und so war er der bedeutendste Römer seiner Zeit. 210 Doch vermochte seine Bildung ihn nicht vor dem Verderben zu bewahren, das er sich durch seine Willkür zuzog, wie es denn überhaupt für diejenigen, die keine Rechenschaft abzulegen brauchen und ihrem eigenen Willen folgen können, schwer ist, sich selbst zu beherrschen. 211 Anfangs, da er seine Freunde aus den vortrefflichsten und edelsten Männern wählte und in der Gelehrsamkeit den

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 606. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/606&oldid=- (Version vom 13.12.2020)
  1. Nero Claudius Drusus, dessen Sohn Germanicus dar Vater Caligulas war.