Niederlage des Gessius war das Verderben unseres ganzen Volkes. Den Kriegslustigen schwoll darob der Kamm, und im Vollgefühl ihres Sieges über die Römer hofften sie, dieselben vollends vernichten zu können. Hierzu kamen als treibendes Moment noch andere Vorfälle, die sich folgendermassen abspielten. 25 Die Bewohner der benachbarten syrischen Städte ergriffen die bei ihnen ansässigen Juden und metzelten sie samt Weibern und Kindern ohne jeden stichhaltigen Grund nieder: denn die Ärmsten hatten weder an Abfall von den Römern gedacht, noch gegen die Syrer etwas feindseliges im Schilde geführt. 26 Am gottlosesten und grausamsten trieben es die Bürger von Skythopolis. Als sie nämlich von den auswärtigen Juden angegriffen wurden, zwangen sie deren Stammesgenossen, die unter ihnen lebten, gegen diese zu den Waffen zu greifen, was nach unseren Gesetzen ein Frevel ist, und überwanden mit ihrer Hilfe die Angreifer. Kaum aber hatten sie gesiegt, als sie die Treue gegen ihre Mitbewohner und Kampfgenossen vergassen und dieselben samt und sonders ermordeten, viele tausend an der Zahl. 27 Ein gleiches Schicksal traf die Juden zu Damaskus. Doch diese Vorgänge habe ich in meinem Werke über den Jüdischen Krieg ausführlicher besprochen; hier erwähne ich sie nur flüchtig, um dem Leser zu beweisen, dass die Juden den Krieg gegen die Römer nicht mit Vorbedacht unternommen haben, sondern grösstenteils dazu gezwungen wurden.
28 (7.) Als die Männer, welche zu Jerusalem an der Spitze standen, nach dem Siege über Gessius sahen, dass die Räuber samt den Empörern stark bewaffnet waren, begannen sie zu fürchten, sie möchten diesen ihren Feinden unterliegen, wenn sie selbst unbewaffnet blieben. In der That hat sich später gezeigt, wie begründet die Besorgnis war. Um diese Zeit erfuhren sie auch, dass noch nicht ganz Galilaea von den Römern abgefallen sei, vielmehr ein Teil des Landes sich ruhig verhalte. 29 Sie schickten mich daher nebst zwei anderen höchst wackeren Priestern, Joazar und Judas, dorthin mit dem Auftrag ab, die
Flavius Josephus: Des Flavius Josephus Selbstbiographie. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1900, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosApionVitaMakkGermanClementz.djvu/11&oldid=- (Version vom 2.4.2020)