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Der geheimnißvolle Selbstmord
oder:
Die schreckliche Geschichte vom Hausknecht Johann.

Johann, schon seit dreißig Jahren
Knecht des Hauses treu und gut,
Johann mußte noch erfahren
Leider, was die Liebe thut.

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Denn er liebt Lisett’, des schönen

Stalles noch weit schön’re Magd,
Der mit weichen Liedertönen
Oft er seine Schmerzen klagt.

Doch Lisette lacht, die Steine

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Statt Gefühl im Busen trägt,

Lacht, wenn er im Mondenscheine
Ihr sein Herz zu Füßen legt.

Johann kann es nicht ertragen,
Johann flucht der ganzen Welt,

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Johann nimmt sich selbst beim Kragen,

Schüttelt sich und seufzt und fällt.

Schrecklich war es anzuschauen,
Als der Knecht des Hauses fiel –
Mit den Haaren und den blauen

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Augen treibt der Wind sein Spiel.


„Nein, ich mag nicht länger leben!“
Schreit er wild durch Nacht und Graus,
Spricht’s und löscht mit sanftem Beben
Seines Lebens Leuchte aus.

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Wie’s gescheh’n? – O fragt die Sterne,

Fragt die Nacht, die Mörderin,
Fragt den Mond, der g’rad von ferne
Hell, doch melancholisch schien.

Niemand weiter hat gesehen

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Den geheimnißvollen Mord,

Der um Mitternacht geschehen
Vor Lisettens Thüre dort.

Morgen ward’s und eine Leiche
Lag der treue Hausknecht da –

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Nach der Stallmagd noch das bleiche,

Edle, stille Antlitz sah.

E. K.     



Räthsel.

Was ist das? Hört! Sehr blau aussehend,
Die weiße Blüthe bald vergehend,
Die Frucht, wenn reif, die Zung’ erfreuend,
Und drin ein Kern der Zwetsche seyend?


Redaction: Eduard Kauffer.     Verlag von Friedrich Campe in Nürnberg.
Druck der Campe’schen Officin.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Kauffer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/144&oldid=- (Version vom 31.7.2018)