Nr. 13. | Beiblatt zu den Fränkischen Blättern. | 1848. |
Esel, das Symbol der Geduld und des Phlegma’s, ist
ein philosophischer Begriff. Seine mythische
Bedeutung machte zuerst Lichtenberg klar, welcher
behauptete, daß ihm der Esel vorkomme
wie ein in’s Holländische übersetztes Pferd.
Der Esel als Thier legt keine Eier, sondern
bringt lebendige Junge zur Welt. Von einem gescheidten
Esel hat man noch nie etwas gehört. Im Mittelalter feierte
man Feste, bei denen ein Esel die Hauptrolle spielte. Jetzt
spielt mancher Esel eine Hauptrolle, ohne daß man seinetwegen
Feste feiert. Da die Thiere im Alterthum das Sprechen
liebten, – ich erinnere an den Ochsen, welcher vor
der Schlacht bei Cannä den Soldaten zurief: Rom, hüte
dich! – so ist es auch kein Wunder, daß Bileams Eselin
eine Rede zu halten versuchte. Die Buchstabengläubigen datiren
von dieser Rede die allmählige Ausbreitung der Intelligenz
über das Menschengeschlecht.
Flinz, ein Abgott der alten Wenden, verehrt in jener
für die Diplomatie so günstigen Zeit,
wo es noch kein deutsches Parlament,
keine Demokraten, keine Schriftsteller
und Barrikaden gab, der freien Presse
nicht zu gedenken, welche jetzt manchem
vornehmen Müßiggänger Thränen in
die Augen preßt. Ob es Flinz oder Flynz heißen müsse, ist
eben so unerörrert, als die Frage, ob es besser sei, ein junges
Mädchen ohne Geld oder ein altes mit Geld zu heirathen.
Viele, besonders chinesische Hofräthe und deutsche
Beamte aus der Metternich’schen Schule, ziehen die Form
Flynis vor, welche „schweigen“ bedeutet und, als die erste
und letzte Pflicht der guten Staatsbürger bezeichnend, gerechten
Anspruch hatte, göttlich verehrt zu werden.
Gnade erfleht man theils von Gott, theils von hochstehenden
Personen. Seume will behaupten;
daß: „Haben Sie die Gnade!“
wörtlich nichts Anderes heißt, als:
„Ich verdiene zwar das Zuchthaus, allein
Sie werden mir schon einen andern
guten Posten geben, den ich nicht
verdiene.“ Von Meyerbeer in der Oper „Robert der Teufel“
in Musik gesetzt, bringt es eine erstaunliche Wirkung hervor,
besonders bei einer schlechten Sängerin, wenn man
deren „Gnade für mich!“ in ein: „Gnade für das Parterre!“
verwandeln möchte.
Käse, ein auf der ganzen Welt berüchtigtes Produkt, wird hauptsächlich deswegen bereitet, um zu beweisen, daß man üblen Geruch haben und doch in gutem Geruch stehen kann. Besonders geliebt wird er von den Dresdener Caleulators-Frauen, die bei ihren Reisen nach Leipzig Käse
Eduard Kauffer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/149&oldid=- (Version vom 1.8.2018)