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Selbstgespräch.

„So etwas muß man mit ansehen! Die Galle möcht’ einem dabei zerplatzen. In einem wohlgeordneten Polizei-Staate ist es jedermänniglich erlaubt, von seinen Gliedern zum Gehen auf anständige Weise Gebrauch zu machen, nicht aber, wie es hier geschieht, den Kopf gegen die Erde und die Beine gen Himmel zu kehren, was nichts anders, als „den Umsturz des Bestehenden“ versinnlicht, und das Alles öffentlich und ungestraft. Ich sagte es aber immer: unsere Regierung überstürzt sich in Freisinnigkeit.“


Klage eines Bürgergardisten.

Das Schilderhaus am Wachlokal
Ist viel zu eng und viel zu schmal;
Daß man kann nach Strapazen ruh’n,
Besorg’ ein Sopha die Commun’;
Journale, so nach meinem Sinn,
Und einen Spucknapf unten hin,
Ein Lämpchen könnt’ sich auch noch finden,
Um die Cigarre anzuzünden;
Und, daß der Qualm hübsch freien Lauf,
Noch einen Schornstein oben d’rauf.

Theodor D.     

Es thut mir leid!

„Was können Sie?“

„Ich spreche, schreibe und dichte französisch, italienisch, englisch, russisch, dänisch, schwedisch, spanisch, portugiesisch und slavisch nebst allen andern neueren europäischen Sprachen. Hebräisch, persisch und türkisch erlernte ich von Grund aus, außerdem verstehe ich noch alle Dialekte aller alten und neuen Idiome. Die exacten und nicht exacten Wissenschaften sind mir geläufig wie das Vaterunser. Ich tanze, reite, fechte; Billard, Tarok, l’Hombre, Whist spiele ich mit Meisterschaft; daß ich mit allen Instrumenten bekannt bin, glaube ich auch bemerken zu müssen, auch bin ich in allen kaufmännischen Arbeiten erfahren, habe ein Buch über den Anstand geschrieben und bekenne mich zu der politischen Ansicht, zu der Sie Ihren Sohn erzogen haben wollen. Ich singe sehr schön und spiele auf Gesellschaftstheatern. Meine Reisen erstrecken sich über alle fünf Welttheile und außerdem trinke ich kein Bier, keinen Wein, keinen Punsch, fliehe den Umgang mit Frauenzimmern und gehe Abends nie aus. Ein besonderes Vergnügen ist mir Kinder herumzutragen und Briefe auf die Post zu befördern oder Hunde spazieren zu führen. Wenn Sie mir also Ihren Sohn anvertrauen wollen, so steh’ ich zu Diensten. Ich verlange freie Wohnung und monatlich vier Gulden Appointement –“

„Können Sie jongliren, taschenspielen, Gold machen –“

„Nein.“

„Das thut mir leid – Ihre Bedingungen sind mir zu groß – solche Leut’ krieg’ ich jetzt genug um einen bayrischen Thaler den Monat – und dann haben Sie noch dazu früher politische Rollen gespielt! – Guten Morgen!“



Redaction: Eduard Kauffer.     Verlag von Friedrich Campe in Nürnberg.
Druck der Campe’schen Officin.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Kauffer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/152&oldid=- (Version vom 1.8.2018)