Zopf. Wir können unser Lexikon nicht entsprechender beendigen, als wenn wir dem Zopfe, dieser Zierde des deutschen National-Kostüms, noch einige Worte widmen. Mit ihm kommen wir auf die Welt, mit ihm werden wir getauft, in die Schule geschickt, verheirathet, mit ihm essen, trinken, schlafen und sterben wir, er ist überall unser Begleiter. Der Zopf schläft auf dem Throne, arbeitet in der Hütte, bettelt auf der Heerstraße, docirt auf dem Katheder, predigt auf der Kanzel, rechnet auf dem Comptoir … er wächst, so oft man ihn abschneidet, wieder, und vergrößert oder verkleinert sich, wie man es haben will. Sonst rief man bei dem Absterben der französischen Könige: „Der König ist gestorben! Es lebe der König!“ Jetzt, nach der glorreichen Revolution von 1848, rufen die Deutschen vor der Paulskirche: „Der Zopf ist abgeschnitten! Es lebe der Zopf!“ Die Feder entsinkt meinen vor Freude zitternden Händen und mit Rührung stimme ich ein in den allgemeinen Ruf: „Es lebe der Zopf! Hoch! Hoch!“
„Hilfe! Hilfe! – Lassen’s doch aus! Was woll’n’s denn – ich bitt’ Sie um Alles in der Welt! Ich bin ja zu Allem erbötig, bester Herr Natzi!“
„Bester Herr Natzi – Sehen’s, jetzt sind wir schon fertig! Ich hab’ blos seh’n woll’n, ob die vornehmen Herren nicht Sie und Herr sagen können, wenn man’s auf die rechte Art behandelt.“
„Grüß’ Euch Gott! Seid Ihr wieder hier von Frankfurt? Wie schaut’s aus? Ihr müßt mir jetzt Weit’s und Breit’s erzähle, wie’s mit der Einheit stehe thut.“
„Lieber Gevatter, das kann ich Euch mit wenig Worte sage – paßt auf! Darüber, daß wir eins werde, sin sie uneins – und darüber, daß wir uneins sin, versteht Ihr, darüber sin Alle eins.“
„So – siehst de, und das ist das Einzige, darüber sie eins sin –“
„Halt’ emal, Gevatter! ’s is noch was – ja – bald hätt’ ich’s vergesse – fünf Gulde des Tags sei zu wenig, sage sie Alle, in Frankfurt is gar theuer zu lebe – seht Ihr, darüber sin sie am meiste einig.“
Sie gingen still und traurig
Spazieren in dem Wald …
Die Lüfte wehten schaurig,
Der Abend war so kalt.
Da sprach zu ihr er kläglich:
„Wie geht es dir, mein Schatz?“ –
„„Ich danke, ganz erträglich,
Geliebter, theurer Spatz!““
Drauf gingen still und traurig
Sie tiefer in den Wald …
Die Lüfte wehten schaurig,
Der Abend war so kalt.
Eduard Kauffer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/187&oldid=- (Version vom 31.7.2018)