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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

Baron war den anderen um einen Fuß voraus, doch jetzt, jetzt überholte ihn der barfüßige Grendsche-Jehkab. Keuchend war Willy hinter den beiden zurückgeblieben. Noch einen neuen Schwung gab sich das Herrensöhnchen – gleichzeitig, zitternd vor Eifer und Leidenschaft prallten der kleine Jungherr und der Häuslersohn gegen das Ziel.

„Ich war zuerst da?“ schrie Wolf, und seine Augen blitzten.

„Nein, ich!“ rief Grendsche-Jehkab. „Willy Jungherr, – wer hat nu recht?“

Keuchend war Willy langsam herangekommen.

„Ich weiß nicht, – ich glaube, beide.“

Die Sieger maßen einander mit flammenden Blicken.

Atemlos war Darthe dem Vorgange gefolgt.

„Der Grendsche-Jehkab hat recht,“ sagte sie laut, „und er muß die Dohle bekommen.“

Aber niemand hörte ihre Worte.

„Ich geb dir zehn Kopeken, Jehkab,“ sagte Wolf, „die Dohle muß ich haben.“

„Aber ich war doch der erste!“ sagte Jehkab trotzig.

„Gib ihm dreißig Kopeken, Wolf!“ schlug der Pastorssohn vermittelnd vor.

Die kleine Darthe hatte die Beratung nicht gehört, sie stand zu weit ab. „Und Grendsche-Jehkab hat doch recht,“ murmelte sie. Ein trotziger Entschluß malte sich in ihrem Gesicht: sie hob die Hände hoch und warf den Vogel in die Luft. Verwundert

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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 201. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/197&oldid=- (Version vom 1.8.2018)