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Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit

da sollt Ihr behalten für Euer Darthing. Wenn sie einmal konfirmiert wird, hat sie ein weißes Kleid.“

„Ach wai! Ach wai!“ sagte Mutter Greetsche strahlend. „Das ist ja alles viel zu prächtig für’n Bauernmädel. Darthe, Kind, hörst du, das gnädige Fräulein Baroneß, was nächstens Frau Baronin wird, schenkt dir die Kleider alle. Bedank dich doch, Mädchen!“

Verschämt trat Darthe näher und küßte dem Fräulein die Hand. Zugleich aber stieg ein sonderbarer Trotz in ihr auf. Das Fräulein war schön und gut, gewiß – – und sie gönnte ihr auch alles Gute, aber, daß der Wolf Jungherr und der Grendsche-Jehkab sie so gern hatten, – das, – ja, das gönnte sie ihr doch nicht.

Fräulein Marga riß die Tür weit auf, nahm die Decke auf den Arm und rief: „Wolf, Willy, Jehkab, ich bin fertig, kommen Sie rasch herein!“

Sie trank ein paar Schluck Milch und hielt die große Tasse fest in den Händen.

Eilig kamen die jungen Leute.

„Wolf, Sie wickeln sich sofort in die Decke und trinken diese Milch aus!“ befahl sie. „Ich will nicht, daß Sie meinetwegen krank werden.“

„Aber,“ wehrte er, „ich hab mich ja draußen ganz warm gelaufen. So sehen Sie mich doch an, Fräulein Marga, ich habe ja auch trockene Kleider bekommen.“

Empfohlene Zitierweise:
Frances Külpe: Rote Tage : baltische Novellen aus der Revolutionszeit. S. Schottländers Schlesische Verlagsanstalt, Berlin 1910, Seite 215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FrancesKuelpeRoteTage.pdf/211&oldid=- (Version vom 1.8.2018)