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alles wechselt. Jeder Tag bringt neue Männer, neue schmutzige Affären, neue haarsträubende Skandale! Macht nichts! Fort damit! Die Nächsten heran! Andere wollen auch Minister werden! Andere wollen sich auch bereichern! Der Nachfolger verleugnet seinen Vorgänger. Aus diesem Grunde – diese Folgerungen müssen wir Deutsche aus dem eben Gesagten ziehen – sind Verträge, Schiedsgerichte, Völkerrecht und was sonst manche weltfremde Wohlmeinende unter uns nach dem Kriege wieder vorschlagen werden, solchen Nachbarn gegenüber nichts als gefährliche Seifenblasen. Unser einziger und wahrer Schutz ist der Held, der vor Saint-Privat auf dem Denkmal der Gefallenen des 1. Garde-Regiments Wache hält, der deutsche Michel, St. Michael mit dem flammenden Schwert, als Schirmherr deutscher Grenzen und deutschen Landes.

Seit Jahr und Tag steht der deutsche Held, steht das deutsche Heer nahe vor der welschen Hauptstadt, die im Frieden das große Babel der Erde, im Krieg das größte befestigte Lager der Welt ist – steht vor diesem Paris, in das deutsche Truppen schon dreimal, 1814, 1815 und 1871, durch den zum Ruhm französischer Siege errichteten Triumphbogen einzogen.

Seit Jahr und Tag vernimmt Paris den fernen Donner deutscher Geschütze, sieht es über sich in den Lüften den Zeppelin und die Taube, zu deren Abwehr der Eiffelturm Funkenstation und Maschinengewehreinbauten trägt.

Paris hat es selbst so gewollt. Noch nach dem Ausbruch des Krieges mit Rußland ließen wir Frankreich Zeit, sich zu besinnen, ob es den furchtbaren Waffengang wagen wollte. Wer den Präsidenten Poincaré, diesen eitlen und ehrgeizigen, von der Militärpartei seinerzeit eigens für den kommenden Krieg auf den Schild erhobenen französisch-lothringischen Advokaten kannte, der kannte auch seinen Entschluß zum Eintritt in den Weltkrieg, den er in seinem Regierungspalast, dem Elysée, faßte, einen Entschluß, bei dem er die französische Volksvertretung geschlossen hinter sich wußte, sowohl den Senat im Palais Luxembourg, als die Deputiertenkammer im Palais Bourbon.

So antwortete uns das, dicht daneben am Quai d’Orsay gelegene französische Auswärtige Amt, daß Frankreich sein Schicksal an das Rußlands knüpfen werde.

Die verhängnisvolle Note hatte nur einen kurzen Weg zurückzulegen. Ein paar hundert Schritte davon entfernt erhebt sich das Gebäude der deutschen Botschaft in Paris.

Sie verließ Paris. Aber auch in der Nachbarschaft war bald darauf großes Kofferpacken. Beim Nahen der deutschen Heere stob, was dritte Republik hieß, all dieser Klüngel von

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Stratz: Frankreich (Vortrag von Rudolph Stratz). Kriegs-Presse-Amt, Berlin 1917, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Frankreich.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.8.2018)