die Kosten des Verfahrens, auch die der Nebenkläger aufzuerlegen. – Der Vertreter der Nebenkläger, Rechtsanwalt Oster führte aus: Ich kann, als Vertreter der Nebenkläger, die Anklage wegen der Behauptung, daß Kranke in Mariaberg mißhandelt worden, nicht fallen lassen. Ich halte den Beweis der Wahrheit bezüglich aller dieser Behauptungen nicht für erbracht. Man darf doch nicht außer acht lassen, daß die Zeugen hier sämtlich in großer Erregung aufgetreten seien, und wohl kaum von einer Übertreibung freizusprechen sind. Man darf andererseits nicht außer acht lassen, daß in Irrenanstalten ohne Zwangsmittel überhaupt nicht auszukommen ist. Daß den Angeklagten der § 193 des Strafgesetzbuches nicht zur Seite steht, hat der Herr Staatsanwalt bereits hervorgehoben, ich will bloß noch hinzufügen, dem Angeklagten Mellage war bekannt, daß er sich arger Übertreibungen schuldig gemacht hat. Es ist im weiteren zu berücksichtigen, daß die ärgsten Vorwürfe und Beleidigungen erhoben worden sind gegen Klosterbrüder, die nicht materieller Vorteile wegen, sondern lediglich aus Liebe zu ihrem Gott und ihrer Kirche sich in den schweren, Tag und Nacht die härteste Arbeit erfordernden Dienst der Irren- und Krankenpflege stellen. – Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Niemeyer (Essen): Hoher Gerichtshof! Die Ausführungen des Herrn Staatsanwalts haben mich in nicht geringes Staunen gesetzt. Ich bin mit Spannung der Rede des Herrn Staatsanwalts gefolgt, da ich erwartet habe, nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme werde er sich auf unseren Standpunkt stellen. Ich bin deshalb um so mehr enttäuscht, und muß bekennen, ich hätte etwas mehr Objektivität von dem Herrn Staatsanwalt erwartet. Vors.: Herr Verteidiger, ich bin entfernt, Sie in Ihren Ausführungen irgendwie zu beschränken, ich muß Sie aber dringend ersuchen, sachlich zu bleiben. Es ist doch nicht gut angängig, dem Herrn Staatsanwalt Mangel an Objektivität vorzuwerfen. Vert.: Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich vielleicht
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/125&oldid=- (Version vom 31.7.2018)