Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 1 (1910).djvu/128

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Bruder Heinrich hat dies allerdings eidlich abgeleugnet. Er hat allerdings auch die eidliche Bekundung des Polizeikommissars Lohe in Abrede gestellt. Ich überlasse es dem hohen Gerichtshof, welches Zeugnis er für glaubwürdig hält. Wir haben gehört, wie es dem Rheindorf in Mariaberg erging. Ich erinnere nur an den einen Vorgang, als Rheindorf mit Tränen in den Augen Herrn Dr. Chantraine nachlief und diesen flehentlich bat, ihm doch zu gestatten, zum Zahnarzt gehen zu dürfen. Rheindorf hat schließlich sich durch List einen Urlaub erwirkt, wodurch es ihm gelungen ist, aus Mariaberg zu entkommen. Ich habe absichtlich mit dem Fall Rheindorf begonnen, weil dieser den Schlüssel zu dem Fall Forbes liefert. Rheindorf kam zu Herrn Mellage, und nachdem er ihm seine Erlebnisse mitgeteilt, sagte er zu ihm: Es sitzt noch ein schottischer Geistlicher in Mariaberg, dem es noch viel schlimmer ergeht, als es mir ergangen ist. Forbes ist ein streng auf katholischen Dogmen stehender Geistlicher. Aber er ist Engländer und hat das Unglück, eine etwas demokratische Natur zu haben. Dies machte ihn bei seinem Bischofe mißliebig. Wäre Forbes eine fügsame Natur gewesen, ich bin überzeugt, die excessio in bacho und noch weniger das bekannte Renkontre mit dem englischen Offizier hätten ihm geschadet. Aber da er eine selbständige Natur ist, so wird dies selbstverständlich gegen ihn verwertet. Forbes wurde, da er für die irischen Pächter eintrat und mit seiner Kirchenpatronesse in Konflikt geriet, seines Amtes entsetzt, aber dies genügte seinem Bischof nicht, er sollte unschädlich gemacht werden. In England ließ sich das nicht tun. Dort gilt noch die persönliche Freiheit. Er wurde deshalb nach Brügge in Belgien geschickt. Aber auch nach den belgischen Gesetzen ist eine Internierung auf Lebenszeit verboten. Deshalb verwies ihn sein Bischof nach Mariaberg in die Pflege des sanften Bruder Heinrich. Allein bei einem freiwilligen Pensionär war man doch nicht ganz sicher, ob er sich doch nicht einmal der liebevollen