Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 1 (1910).djvu/244

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anzurechnen wären, vollkommen genügen. – Vert. Rechtsanwalt Dr. Thiele: Die Verhandlung sollte offenbar ein großer Schlag gegen den Spiritismus sein, das Verfahren ist aber zu einem Schlag ins Wasser geworden, es wird nicht dazu beitragen, den Spiritismus auszurotten. Im Gegenteil, die Verhandlung ist zur größten Reklame für den Spiritismus geworden. War es überhaupt notwendig, den Spiritismus zu bekämpfen? Soviel steht doch fest, der Spiritismus bietet nichts Unsittliches, nichts Strafbares, berührt aber andererseits eine Reihe der größten Probleme. Jeder Mensch hat wohl einmal Augenblicke gehabt, wo er über solche Probleme ernst nachgedacht hat, wo er im faustischen Drange an dem Vorhang rütteln möchte, der zwischen der sinnlichen und übersinnlichen Welt gezogen ist. Der Spiritismus ist nicht mit juristischen Mitteln zu bekämpfen. Wenn man ihn bekämpfen will, dann tue man es auf dem Gebiete der Bildung und Aufklärung. Die Angeklagte, die sich um die Welt nicht viel bekümmerte, sondern ein in sich gekehrtes Leben führte, in bestimmten engen Grenzen verkehrte und nur in geschlossenen Zirkeln ihr zugetaner Menschen wirkte, ist der geschäftlichen Seite sicher ganz fern geblieben. Die Leute, die zu ihr kamen, haben sie besucht, wie man ein interessantes Theaterstück, ein Taschenspielerstückchen aufsucht, sie wollten „mit dabei sein“. Andere kamen wieder aus wissenschaftlichem Interesse. Sie alle haben ihre Gaben freiwillig hingegeben. Eine „Vorspiegelung falscher Tatsachen“ liegt nicht vor. Es sind gar keine Tatsachen erzielt worden. Die Angeklagte überließ jedem, sich ein Urteil zu bilden. Nicht die Angeklagte hat die Personen getäuscht, sondern diese haben sich selbst getäuscht. Bezüglich der Apporte wird der Gerichtshof sich nicht darüber hinwegsetzen können, daß hier sehr viele kleine Leute mit praktischem Verstande und akademisch gebildete Leute aufgetreten sind, die die Apporte als echt hielten. Der Gerichtshof wird nur zu einem Non liquet kommen können und sagen müssen: