Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5 | |
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Nächstliegende war doch dann, nach Berlin zurückzufahren. – Angekl. Eichbaum: Das hätte gar keinen Reiz gehabt. Eine Bestellung als Hofdame auszuführen, hat einen ganz anderen Reiz. – Der als Zeuge vernommene Hofjuwelier Bärtges bekundete, daß vom Hofmarschallamt telephonisch eine Gräfin Arnim angekündigt wurde; die Gräfin wolle die besten und teuersten Sachen aussuchen, da Ihre Majestät die Kaiserin sie zu einem Geburtstagsgeschenk für die Prinzessin Viktoria Luise verwenden wolle. – Vors.: Ist Ihnen nicht die tiefe Stimme des Angeklagten aufgefallen? – Zeuge: Das erste, was die Hofdame sagte, war daß sie auf ihre belegte Stimme hinwies und äußerte, sie sei sehr stark erkältet. Ich wollte die Sachen am liebsten ins Neue Palais schicken, auch deshalb, weil ich nicht so teure Brillanten und kostbare Ketten auf Lager hatte, wie sie sich für die Prinzessin als Geburtstagsgeschenk eigneten. Die Hofdame sagte aber, Ihre Majestät wolle die Geschenke selbst zum Aussuchen haben. – Die Mutter des Angeklagten Eichbaum bestätigte, daß sie von jeher an ihm den Verkleidungstrieb beobachtet habe. – Ebenso bekundete eine Frau Schuhmachermeister Ernst, daß der Angeklagte eines Tages in Frauenkleidern zu ihr kam und vier Paar Damenstiefel bestellte, die zu einer Gräfin geschickt werden sollten. – Stabsarzt Dr. Noack und Dr. Magnus Hirschfeld äußerten sich wie in der schöffengerichtlichen Verhandlung. – Professor Dr. Freiherr v. Schrenck-Notzing (München): Ich habe den Angeklagten Eichbaum ebenfalls eine Zeitlang beobachtet. Der Angeklagte erzählte mir: Er habe noch in einem Alter mit Puppen gespielt, in dem sonst Knaben damit nicht mehr zu spielen pflegen. Auch habe er oft weibliche Handarbeiten gemacht. Er ist ein erblich belasteter abnormer Mensch von psychisch labilem Zustande, der die Folgen seiner Handlung in keiner Weise sich überlegt. Intellektuell ist er auch nicht sehr begabt. Talente entwickelt er auf Gebieten, auf denen sonst nur Frauen
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/276&oldid=- (Version vom 31.7.2018)