Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5 | |
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in vielen Fällen in der schamlosesten und gemeinsten Weise gezeigt. Er wurde bei allen seinen Verbindungen mit Heiratsvermittlern nur von der Absicht geleitet, möglichst viel Geld zu erlangen. Er legte sich falsche Namen bei und verehrte mehrere Damen gleichzeitig. Bei einer Münchener Dame hat er sich nicht gescheut, mit dem Herrn, mit dem sie früher verkehrte, wegen einer Abfindungssumme im Falle seiner Verheiratung mit ihr in Verbindung zu treten, um möglichst viel herauszuschlagen. Als aus seiner Heirat mit dieser Dame schließlich nichts wurde, scheute er sich nicht, dieser eine Arztrechnung über 200 Mark zu senden. Dazu kommen die zahlreichen, recht bedenklichen Briefe des Angeklagten. Er verlobte sich mit der langjährigen Geliebten eines andern Herrn und schrieb gleichzeitig die zärtlichsten Briefe an seine spätere Frau. Der Angeklagte hat jedenfalls mit den verwerflichsten Mitteln gearbeitet. Daß der Angeklagte seine Ehefrau ermordet hat, ist im Augenblick noch nicht mit Sicherheit zu erweisen. Aber ich glaube an der Hand des vorliegenden Materials sagen zu können, die Möglichkeit, daß er seine Frau ermordet hat, ist durch die zweitägige Verhandlung sehr nahegelegt. Die heutige Anklage muß ich nach allem, was die Beweisaufnahme ergeben hat, in vollem Umfange aufrecht erhalten. Ich unterscheide zwei Gruppen von Straftaten: die Gruppe der Urkundenfälschungen und zwei Fälle der versuchten Urkundenfälschung und des Betruges. Zu der ersten Gruppe gehört der Brief vom 18. November an den Halleschen Bankverein. In die zweite Gruppe fallen die verschiedenen weiteren Schriftfälschungen. Ich komme nun zum Strafmaß. Mildernde Umstände scheiden nach meiner Überzeugung hier völlig aus. Im Gegenteil, es spricht alles zuungunsten des Angeklagten. Ich erinnere nur an die krasse Gewinnsucht und die Gemeinheit des Charakters, und endlich auch an die Vorstrafen des Angeklagten. Ich glaube, die Verhandlung hat ein Bild entrollt, das selbst diejenigen, die gewohnt
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/28&oldid=- (Version vom 31.7.2018)