Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6 | |
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daß aus dieser ganzen Affäre die Angeklagten makellos hervorgehen. Wenn sie mystifiziert worden seien, so würde die alleinige Schuld und Verantwortlichkeit denjenigen treffen, der sie getäuscht habe. – R.-A. Haase vertrat nochmals den Standpunkt, daß § 193 auf den Angeklagten Kaliski Anwendung finde. Wenn der Oberstaatsanwalt sage: auf diesen Gedanken sei er nicht gekommen, so zeige das eben, wie verschieden die Ansichten über denselben Gegenstand seien. Der Angeklagte Leid sei auch nicht auf den Gedanken gekommen, daß er eine Majestätsbeleidigung begangen habe. – Angeklagter Leid wandte sich mit großer Entschiedenheit gegen die Ansicht, die der Oberstaatsanwalt über die Stellung eines verantwortlichen Redakteurs beim „Vorwärts“ habe. Es sei grundfalsch, daß ein solcher ein willenloses Werkzeug in der Hand der leitenden Redakteure sei. Er könne versichern, daß er vollkommen die Befugnis hatte, Artikel, die ihm bedenklich erschienen, zurück zu weisen. – Nach sehr langer Beratung erkannte der Gerichtshof vollständig dem Antrage des Oberstaatsanwalts entsprechend. Der Vorsitzende führte in der Urteilsbegründung aus. Es liege zweifellos eine Majestätsbeleidigung und eine Beleidigung des Hofmarschalls v. Trotha vor. Strafschärfend fiel die Schwere der Beleidigung ins Gewicht. Strafmildernd kam in Betracht, daß die Redaktion des „Vorwärts“ nach Ansicht des Gerichtshofes dupiert worden sei. Der § 193 konnte dem Angeklagten Kaliski nicht zugebilligt werden.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/106&oldid=- (Version vom 1.8.2018)