Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/144

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Herren! Sollten Sie nur tätliche Beleidigung annehmen, so unterwerfe ich mich Ihrem Urteile. Der Angeklagte ist ein sympathischer Mann – ich wiederhole: ich bemitleide ihn! Aber: Die roten Lippen der Zimmermann sind die Korallklippen, an denen er gescheitert ist. – Der Verteidiger bestritt wiederholt, daß das subjektive Moment festgestellt sei. Er wies im weiteren auf die furchtbaren Folgen hin, wenn bei dem Angeklagten wollüstige Absicht angenommen werde. – Darauf nahm der Angeklagte das Wort: Meine Herren Richter! Ich bin unschuldig. Ich bin nicht geflohen. Ich hatte die edelsten Absichten! (Sehr erregt :) Meine Herren Richter! Seien Sie vorsichtig mit den Kinderaussagen! Ich könnte einen Eid ablegen, daß ich nie eine goldene Uhrkette gehabt habe. Die Kinder haßten mich, weil ich die eine geschlagen, der andern ihren „Liebling“ (Werner) angegriffen habe. – Ich bin kein Nero an Grausamkeit (weinend:) und ich bin auch kein Nero an Lüsternheit! Ich war bei der Untersuchung gegen Versuchung geschützt durch meine Pflicht. Lassen Sie mein bisheriges Leben für mich sprechen. Die Arbeit war mein ganzes Leben lang meine Freude. In der ganzen Stadt Worms ist außer den beiden Mädchen niemand, der mir Übles nachsagen kann. Ich bin unschuldig! Der Angeklagte versicherte im weiteren, daß er über seine Verhaftung sich nie abfällig geäußert habe und schloß mit der nochmaligen Beteuerung, daß er unschuldig sei. – Nach etwa 1½stündiger Beratung des Gerichtshofes wurde die Öffentlichkeit hergestellt. – Der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Zimmermann, verkündete unter gespanntester Aufmerksamkeit der vielen Zuhörer folgendes Urteil: Der Gerichtshof erachtet als erwiesen, daß am 17. Januar der Angeklagte den Franz Werner wiederholt wegen der vermeintlich verlogenen Aussagen betreffs des Verkehrs mit den Mädchen geohrfeigt hat. Werner hat, über diese Körperverletzung beunruhigt, zu allem: Ja gesagt. Als erwiesen erachtet ist somit, daß der Angeklagte sich der

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 140. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/144&oldid=- (Version vom 1.8.2018)