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Seite:Friedlaender-Kulturhistorische Kriminal-Prozesse-Band 1 (1908).djvu/21

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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1

wieder gut machen kann.“ Bei diesen Worten schluchzte der junge Mann heftig.

Der Schutzmann forderte den jungen Mann auf, mit ihm zur Polizeiwache zu kommen. Hier wiederholte dieser bei der Vernehmung vor dem Polizeileutnant seine Erzählung. Er wurde sogleich nach Halberstadt überführt. Dem dort noch amtierenden Ersten Staatsanwalt war die Sache begreiflicherweise sehr fatal. Er bezeichnete die ganze Erzählung des Günther als unwahr und meinte, der Mensch habe jedenfalls keine Arbeit und, um im Winter unentgeltliches Unterkommen zu finden, habe er sich diese Erzählung ausgedacht. „Wir wollen den Menschen sitzen lassen, bis ihm die Frühlingssonne in die Zelle scheint,“ sagte er.

Da aber Günther, der inzwischen 22 Jahre alt geworden war, fest bei seinem Geständnis blieb, wurde Schrader aus dem Zuchthaus entlassen. Er war jedoch während der sieben Jahre an Geist und Körper gebrochen. In allen Teilen Deutschlands wurden Festlichkeiten veranstaltet und der Ertrag dem unglücklichen Mühlknappen zugewiesen, denn seine Familie – er hatte Frau und fünf Kinder – hatte buchstäblich Hunger gelitten. Ein paar tausend Mark waren zwar zusammen gekommen, aber die Gesundheit konnte niemand dem bedauernswerten Schrader ersetzen.

Im Mai 1877 hatte sich Günther wegen vorsätzlicher Brandstiftung und Diebstahls vor der Kriminaldeputation des Halberstädter Stadtgerichts zu verantworten. Er erzählte auf Befragen

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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1. Continent, Berlin 1908, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Kulturhistorische_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1908).djvu/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)