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Gegensatz zur Welt und Haß der Welt, Joh. 15, 19. Lauter ganz neue Grundlagen für das sittliche Einzel- und Gemeinschaftsleben! Fortschritt im Vergleich mit dem ursprünglichen Zustande.


§ 42.
Die Bekehrung.

 Nach dem Sprachgebrauch der heiligen Schrift ist die Bekehrung auf der einen Seite eine Wirkung Gottes und zwar mit Ausschluß jeder anderen Kausalität; auf der andern Seite eine durch eine göttliche Wirkung ermöglichte und bedingte Selbstentschließung, Selbstentscheidung des Menschen, eine Bemerkung, die schon unsere alten Dogmatiker gemacht haben, wenn sie von einer conversio transitiva et intransitiva reden. „Bekehre du mich, HErr, so werde ich bekehrt“ und „Bekehre dich zum HErrn von ganzem Herzen“. Hebräisch heißt es Jer. 31, 18 שׁוּב Hiphil und Kal. Im Neuen Testament ist das Wort, welches diesem hebräischen entspricht, ἐπιστρέφειν transitiv gebraucht in Stellen wie Luk. 1, 16. 17; Jak. 5, 19. 20; aber viel häufiger kommt das Wort im Neuen Testament intransitiv (Akt. 26, 18; 3, 19) vor. Wieder etwas verschieden von diesem medialen Sinn ist der passivische Sinn und Gebrauch des Worts, nämlich wenn es heißt „bekehrt werden“, 1. Petr. 2, 25. Diese Bedeutung entspricht natürlich genau der transitiven und zeigt nur das Resultat derselben. Selbstverständlich schließt diese Hinkehr zu Gott in sich eine Abkehr von dem, was man bisher an Stelle Gottes setzte, von der Sünde, und damit ist vorausgreifend das eigentliche Wesen der Bekehrung bezeichnet. Es ist die Bekehrung die große Wendung, vermöge welcher der Mensch unter der Einwirkung des Wortes Matth. 3, 2; Joh. 6, 44–45, sich abwendet von der Sünde und mit seiner ganzen Willensrichtung Gott sich zuwendet. Daß diese Bekehrung eine innerliche Umstimmung des Menschen, seiner denkenden, wollenden Geistesrichtung und Bethätigung ist, ist an sich klar, wird aber ausdrücklich noch dadurch bestätigt, daß fast gleichbedeutend mit ἐπιστρέφειν das Verbum μετανοεῖν gebraucht wird. Solange die Bekehrung nur eine rein göttliche Bethätigung ist, wird sie wesentlich zusammenfallen mit der Wiedergeburt. Wenn man noch einen Unterschied statuieren will, ist es der, daß in der Wiedergeburt mehr die Neusetzung des geistlichen Lebens, in der Bekehrung aber der Zug zu Gott hin, die Hervorbringung der neuen geistlichen Lebensregungen gemeint ist. Anders aber ist der Ausdruck Bekehrung gemeint im intransitiven Sinn. Da ist, wie schon gesagt, darunter