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Ethik: „Das Evangelium will, daß man christliche Liebe und rechte gute Werke, ein jeder nach seinem Beruf, beweise“ – oder Apol. Conf. Aug. XXVII, pag. 278: „Wo nu Möncherei nur ein Stand ist, Vollkommenheit zu suchen, so ist’s nicht mehr ein Stand der Vollkommenheit, denn der Bauern und Ackerleute, der Schneider und Bäcker Leben etc. etc.“ Katech. major, pag. 413: „Ist’s nicht ein trefflicher Ruhm, das zu wissen und zu sagen, wenn du deine tägliche Hausarbeit thust, das besser ist, denn aller Mönche Heiligkeit und strenges Leben?“ Diese Äußerungen sind jedoch nur im Gegensatz zu den selbsterwählten Werken der römischen Kirche aufzufassen, und es wäre daher irrig, die Frömmigkeit, die Äußerung und Bethätigung des geistlichen Lebens in der gewissenhaften Erfüllung des irdischen Berufes aufgehen zu lassen. Das wäre Rationalismus (Ritschl: Treue Pflichterfüllung ist laetitia spiritualis). Und wozu bedürfte es denn des Gebets, des Kirchenbesuchs, des heiligen Abendmahls, der Barmherzigkeit? Richtig daher ist nur die Forderung, daß innerhalb der Schranken des irdischen Berufs, in den von Gott geordneten, natürlichen Verhältnissen der Christ seinen Beruf vollenden, und das neue Leben der Wiedergeburt sich entfalten und bewähren soll.


8. Die Heiligung in der idealsten Form. Die Sittlichkeit in der Gestalt der Religion.

 Der geheiligte Mensch ein Priester Gottes (allgemeines Priestertum), 1. Petr. 2, 9; Eph. 2, 18 (hinweisend auf den zukünftigen Priesterstaat, die Theokratie des Neuen Testaments, Jes. 61, 6; Offenb. 1, 6; 20, 6). Das ganze Leben erscheint hier als ein Gottesdienst, Jes. 61, 6; Jak. 1, 27; Hebr. 12, 28; Phil. 3, 3; Joh. 12, 26, als ein göttliches Leben und göttlicher Wandel, 2. Petr. 1, 3; Gen. 5, 24; 6, 9 (vgl. § 3), als ein ununterbrochenes Gebet, 1. Thess. 5, 17; Hebr. 13, 15, und ein großes Opfer, Röm. 12, 1, und die einzelnen Handlungen der Hingabe als Opfergaben, Hebr. 13, 16, so auch die Hingabe des Lebens im Martyrium und im Dienste des HErrn, Phil. 2, 17; 2. Tim. 4, 6. Darin insonderheit zeigt sich die Ähnlichkeit und Gleichförmigkeit mit Christo. Er ist Priester, Hebr. 7, 3, der sich selbst für uns geopfert hat, Eph. 5, 2, und uns als ewiger Hoherpriester bei Gott vertritt, Röm. 8, 34. Wie er sich für uns geopfert hat, so sollen wir uns ihm mit allem, was wir sind und haben, ewiglich zum Opfer bringen. Das ist der Gipfel aller Religion