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Testament war die Todesstrafe darauf gesetzt, Lev. 20, 15. Noch allgemeiner sind die Wollustsünden, die stummen Sünden, die Onanie, da einer mit sich selbst Unzucht treibt und es allmählich nicht mehr lassen kann, bis er sich selbst an Leib und Seele zugrunde gerichtet hat, die Lustseuche, wie sie St. Paulus nennt, 1. Thess. 4, 5. Irren- und Blödenanstalten sind mit Opfern dieses Lasters angefüllt. Eltern und Lehrer müssen ein scharfes Auge haben auf die Kinder, besonders auf die Verführer in den Schulen und die Gelegenheit an heimlichen Orten. Es gibt besondere Kennzeichen dieser Seuche und seelsorgerliche und ärztliche Verfahren, sie zu heilen und zu heben. Beichten und Bekennen gegenüber Vertrauenspersonen ist das erste und wichtigste Mittel (cf. Kapff, Warnung eines Jugendfreundes). Die völlige Heilung von allen Wollustsünden gibt allein der lebendige Glaube an das Evangelium und eine gründliche Bekehrung, in welcher die Seele die reinigende und umwandelnde Kraft des Blutes Christi erfährt.


§ 56.
Die Familie, die zweite natürliche Gemeinschaftsform.

 1. Die natürliche Basis.

 Die Familie ist eine Frucht der Ehe. Die Ehe ist ihre Basis. Vater, Mutter, Kinder: das ist das neue Verhältnis, das aus der Ehe kommt und die Familie bildet, die sich dann in gerader Linie und in Seitenlinien ausbreitet wie ein Baum, zu einem Geschlecht, welches durch gemeinsame Abstammung oder Heirat miteinander verwandt ist (Blutsverwandtschaft, Schwägerschaft). Man nennt eine solche Verwandtschaft auch Familie im weitern Sinn, Freundschaft, Sippschaft. – Wir handeln zunächst von der Familie im engern Sinn.

 Der Unterschied zwischen Ehe und Familie ist der, daß die Ehe durch freie Wahl entsteht, die Familie aber bringt die Angehörigen in ein Verhältnis der Naturbestimmtheit, die jede freie Wahl ausschließt. Die Gatten wählen einander, die Familienglieder sind von Gott einander gegeben. Der gemeinsame Ursprung bewirkt eine natürliche Zuneigung, die verwandtschaftliche Liebe: Vater-, Mutter-, Eltern- und Geschwisterliebe. Das Fehlen derselben ist Unnatur; doch kommen in den Familien, namentlich unter Geschwistern, nicht sehr selten Antipathien vor.

 2. Die sittliche Aufgabe der Familie ist:

 die natürliche Zuneigung unter ein höheres Gesetz, das der Sittlichkeit oder des höchsten Lebenszwecks, zu stellen; das pure